Blick ins Buch - "Die Chroniken von Rotkäppchen - Allein im tiefen, tiefen Wald" von Christina Henry: Beeindruckende Prota mit Handicap und zum Großteil gut gemachtes Endzeitszenario

Blick ins Buch – „Die Chroniken von Rotkäppchen – Allein im tiefen, tiefen Wald“ von Christina Henry: Beeindruckende Prota mit Handicap und zum Großteil gut gemachtes Endzeitszenario

Einen wunderschönen guten Abend bookish People,

so langsam wird das Wochenende wirklich zur Blogzeit. Da finden sich mal 2 bis 3 Stunden, um einen Blogbeitrag von vorn bis hinten fertig zu bekommen. Mir gehts ziemlich gut und ich hoffe, dass es so bleibt. Vielleicht ist das eine Folge davon, dass ich an meiner Einstellung arbeite. Dazu höre ich aktuell das ein oder andere Hörbuch. Mehr zur Motivation als zu Wissenserweiterung, aber es hat ne Wirkung. Ganz wichtig ist dabei der Flow und in den möchte ich jetzt mit einer neuen Rezension kommen.

Selten so ein Kopfkino gehabt

Um in meiner Reihenchallenge #6in12byBuchpfote vorwärts zu kommen, schnappte ich mir erneut einen Teil der „Dunklen Chroniken“ von Christina Henry. Mir fehlen damit jetzt nur noch ihre Version von „Peter Pan“ und die Kurzgeschichten von „Alice“. Was ich bis dato gelernt habe: Die Autorin kann sowohl nah als auch weit von den Märchen entfernt erzählen. Sie nutzt die Möglichkeit düstere Märchen zu erschaffen, genauso wie sie historische Geschichten erzählen kann oder sich einer realistischen Situation bedient, um eine Grundgeschichte zu schaffen.

Bei Rotkäppchen muss die Autorin allerdings hellseherische Fähigkeiten besessen habe. „The Girl in Red“ erschien 2019 im Englischen und erzählt die Geschichte der 20-Jährigen Red, die mit Handicap und sehr viel Grips, ums Überleben kämpft. Denn die Welt befindet sich in der KRISE (in Reds Gedanken immer groß geschrieben). Tja, wenn ich euch jetzt sage, dass ich mich zurück im Lockdown gefühlt habe, könnt ihr erraten, was Auslöser der Krise ist. Allerdings zeigt sich diese Pandemie eher von der „28 Days later“/“Resident Evil“ – Seite, genauso wie die Protagonistin nicht umsonst ein Beil bei sich trägt. Red war für mich eine Mischung aus Uma Thurman in „Kill Bill“ und Black Widow. Da entgleitet mir nach wie vor ein respektvoller Pfiff.

Ich mochte Red sehr. Ihre personale Perspektive hatte nichts Naives oder Heldenhaftes. Ihren Gedankengängen zu folgen, jedes Detail wahrzunehmen, hat mir geholfen mich schnell zurecht zu finden. Das liegt unter anderem an Reds Objektivität und auch irgendwie daran, dass sie alles „zerdenkt“ und sich ständig selbst reflektiert. Ich gebe zu, manchmal habe ich schon darum gebeten, dass sie einfach mal tief durchatmen soll. Nur stelle ich mir die Gedanken- und Emotionen-Achterbahnen in diesem Setting vor. Das war sehr eindrücklich und nachvollziehbar.

Ihr bleibt zudem nichts anderes übrig als gerissen und abschätzend zu sein. Die Blutrünstigkeit ist lediglich dazu da nicht umgebracht zu werden. Ich habe mich ganz oft gefragt, ob ich diese Situation so geschafft hätte. Bis zur Mitte der Geschichte erfüllte mich das Gefühl, dass die Menschheit ihre Menschlichkeit verloren hat und Red stellt das auch ganz klar. Beispielsweise findet Rassismus immer noch Platz. So schlimm das klingt, mich wundert es nicht, dass die Menschheit nicht zusammenhalten kann, selbst wenn sie kurz vorm Aussterben steht. Dumm, einfach nur dumm und ich gebe Red vollkommen recht.

Christina Henry bezog nicht nur zu Rassismus Stellung, sondern auch zu fehlender Inklusion mit Reds fehlendem Bein oder gar die Waffennutzung in privaten Haushalten der USA. Mein Favorit ist allerdings etwas beinahe heimlich Eingebautes: Nicht geschlechtsspezifische Namen bei Kindern. Das fand ich so gut gemacht, weil Schubladendenken beim Lesen einfach nicht möglich war, wenn es um die bestimmten Charaktere ging. Danke dafür, so dachte ich nochmal gekonnt darüber nach.

Die Kapitel sind in „Davor“, die Zeit vor Reds einsamer Wanderung, und „Danach“ eingeteilt. Natürlich wechseln sich diese in der Regel ab. Das war abwechslungsreich, aber ihr kennt das, wenn ein Kapitel furchtbar spannend endet und das nächste einen anderen Handlungsstrang begleitet… Ja, sowas macht mich fertig. „Davor“ zeigt vor allem, wie die KRISE begann, wie Red und ihre Familie damit umgegangen sind und welches Ausmaß das Ganze annahm. Red zu beobachten, wie sie Informationen deutete und ihre leichte hypochondre Ader ließ sie schon so wirken als übertreibt sie maßlos. Dazu kamen die zwischenmenschlichen Beziehungen innerhalb der Familie. Ihre Emotionen waren zum Teil auch meine. Wer kennt die Diskussionen, um die Maßnahmen nicht. Wie gesagt, ich fühlte mich zurückversetzt.

„Danach“ las sich wie ein Abenteuer, ein Action-Film, ein Drama, in denen ich mich genauso nach Sicherheit sehnte wie Red. Die Begegnungen mit anderen Personen waren immer spannend und so unterschiedlich. An mancher Stelle schien die Hoffnung auf Menschlichkeit nicht verloren. Das tröstete mich tatsächlich. Dennoch fragte ich mich, wie es sein kann, dass Red schlussendlich ohne ihre Familie unterwegs war. Eine Frage, die sich im Laufe der abwechselnden Handlungsstränge selbstverständlich klärt und dann in einen einzigen Handlungsstrang überging.

Was gefiel mir denn nicht? An der Handlung tatsächlich, dass sich Christina Henry zum Ende hin über die Klischees der Übertreibung solcher Endzeitszenarien anscheinend lustig machte. Das hätte es nicht gebraucht. Reds Reise allein war spannend, emotional und brachte mich mit den Problemen, die unser Welt schon immer hatte, zum Nachdenken. Anmeckern möchte ich die Grammatikfehler und die Übersetzung. Ganz ehrlich, entweder ich sage „Mom“ und „Dad“ oder „Mama“ und „Papa“, aber ich mixe es nicht. Genauso wie „Top, die Wette gilt“ – Thomas Gottschalk-Fan? – oder regionale Wörter wie „kuschen“ wirken nicht gerade authentisch. Bezogen auf alle anderen Inhalten war die Geschichte trotzdem für mich rund genug, um eine Empfehlung auszusprechen.

Was sagt ihr zu „Die Chroniken von Rotkäppchen“?

Weitere Rezension zu diesem Buch bei…

Lesewelle

Weltenwanderer

Liebe Grüße Tina (& Leo)

11 Kommentare

  1. Hallo Tina,
    für mich ist das, das bisher schwächste Buch von Christina Henry. Red war wirklich beeindruckend, aber als die Autorin dann gegen Ende nochmal einen drauf setzten musste, war mir das einfach too much und das hat mir das Buch auch etwas kaputt gemacht. Sie hätte einfach bei ihrer Geschichte bleiben sollen.
    Liebe Grüße
    Diana
    Danke für die Verlinkung!

    1. Hallöchen Diana,

      welches der Bücher findest du am stärksten?

      So ein richtiges Ranking habe ich bei den Büchern nicht, weil sie doch sich unterschiedlicher Situationen und Hintergründe bedienen. Ich gehe mit dir mit, dass das am Ende nicht hätte sein müssen. Ein böser Virus allein hat gereicht, die Weiterführung davon… Nee, nicht meins.
      Und gerne habe ich verlinkt.

      Liebe Grüße
      Tina

      1. Mein Favorit ist ganz klar die Geschichte um Peter Pan! Aber danach kommt der erste Alice Teil und ich mochte auch ihre Interpretation der Meerjungfrau. 🙂

  2. Schönen guten Morgen!

    Ich hab von der Autorin bisher nur den ersten Alice Band gelesen. Bis Band 2 dann rauskam hatte ich keine so große Lust mehr darauf (warum auch immer) aber ich wollte dennoch was anderes von ihr ausprobieren und hab mir Rotkäppchen geschnappt. Und es hat mir echt richtig gut gefallen!
    Endzeit Szenarios, die ein Virus als Auslöser haben, gibt es ja schon recht viele. Mich hat es eher an Walking Dead oder The Last of us erinnert – weshalb mich dann wohl auch das, was du am Ende als störend empfunden hast, nicht so wirklich gestört hat. Und ich empfand es auch nicht so, als würde sie sich darüber lustig machen. Es musste zur Klärung ja irgendwas geboten werden (zwecks Militär), deshalb hab ich das schon vermutet.
    Das mit der Anrede der Eltern fand ich allerdings auch seltsam 😀

    Liebste Grüße, Aleshanee

    1. Hallöchen Aleshanee,

      grundsätzlich hat mir die Geschichte auch gut gefallen. Von daher passt das.
      Das mit dem Militär war ein Klischeekarte, erst recht im Dialog mit den 2 Militärtypen, das konnte nur Parodie sein, so ernst wie der Rest doch wahr 😉
      Schön ist es trotzdem unterschiedliche Meinungen zu haben, damit kommt man doch bestens ins gespräch.

      Liebe Grüße
      Tina

  3. Hallo liebe Tina,
    ich bin seit Peter Pan und den Alice Chroniken auch großer Fan von C.Henrys Büchern. Ich hänge da leider etwas hinterher. On Top meiner Wunschliste ihrer Bücher steht aber Rotkäppchen. Es wurde mir schon mehrfach ans Herz gelegt. Mittlerweile habe ich durch einige Rezensionen auch schon gut vor Augen, was mich mit dieser Geschichte ungefähr erwartet und das spricht mich doch sehr an.

    Bei deiner Erwähnung betreffend Thomas Gottschalk musste ich doch gerade herzhaft lachen. Ja, ich kann anhand deiner Beschreibungen die genannten Kritikpunkte doch sehr gut nachvollziehen XD

    Vielen Dank für diesen gelungenen Einblick in ein Buch, das ich unbedingt noch lesen möchte.

    Ganz liebe Grüße
    Tanja :o)

    1. Hallöchen liebe Tanja,

      ich freu mich gerade, dass ich dich zum Lachen. Gebracht habe. Bestes Kompliment. Danke dir für deine Worte.
      Ich bin gespannt, wie es dir gefallen wird.

      Ich wünsche dir einen schönen Abend.

      Liebe Grüße
      Tina

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