„The Man in the high Castle“ von Philip K. Dick – Meine Erwartungen waren ganz andere

Hallöchen liebste Buchmenschen,

und da war die Frankfurter Buchmesse wieder ein paar Tage vorbei. Ich habe tatsächlich nur auf Instagram etwas mitbekommen. Es gab genug Verlage, die ihr kommendes Programm anteaserten und natürlich einige Onlineveranstaltungen. Ich wäre sehr gern vor Ort gewesen, um einige Buchmenschen zu treffen, aber das ist organisatorisch einfach nicht drin gewesen. Leo abzugeben und eine Familienfeier zu verpassen war keine Option. Naja, die nächste Buchmesse wird kommen und zwar hier in Leipzig – immer positiv denken. Dem anteiligen Frust ließ ich übrigens ab, indem ich mir viele Neuzugänge gönnte… Und weil ich mir selbst noch nachträglich etwas zum Geburtstag gönnen wollte. Den Beitrag zu den Neulingen bekommt ihr voraussichtlich kommende Woche.

„Was, wenn Hitler den Krieg gewonnen hätte?“ – Die Einführung des Klappentextes ließ andere Ideen im Kopf wachsen

Heute gehts allerdings um die letzte Lektüre der #readingclassics – Lesetruppe. Normalerweise werfen Celina und ich dazu eine 2 in 1 – Rezension in die Masse, nur bei „The Man in the high Castle“ oder auch „Das Orakel vom Berge“ wollten wir das nicht. Eigentlich wollten wir gar nichts dazu schreiben, weil wir völlig andere Erwartungen an die Story hatten und im Nachgang nicht so recht wussten, wie man das Buch bewerten, geschweige denn wirklich beschreiben sollte. Uns und irgendwie der ganzen Lesetruppe fehlten die Worte beim Skypen. Ich mag trotzdem etwas dazu verlieren. Mir ist heute danach, mit Abstand auf das Buch zu schauen. Denn gelesen habe ich es im August, soweit ich mich erinnere. Auch viele Notizen liegen hier. Ich bezweifle, dass ich sie brauchen werde. Außer vielleicht für die vielen Protagonisten.

Angenommen, Hitler hätte den 2. Weltkrieg gewonnen, was wäre dann passiert? Der Autor nahm diese Frage und beantwortete sie auf seine Weise. Ich dachte ehrlich gesagt, dass ich ein oder zwei Charakteren folge, die mir ihr Leben in dieser anderen Version zeigen und einer bestimmten Handlung, einem bestimmten Ziel folgen. Von mir aus Rebellion zum Beispiel. Es war jedoch sehr anders und als Tipp: Vergesst den Klappentext, nehmt den bzw. die Titel für bare Münze, denn diese benennen bereits die Schwerpunkte.

Und zwar das Orakel und einem Mann bzw. Autoren, der vermutlich auf einem Berg lebt. Das Erstere spielt bei den meisten Charakteren eine Rolle in ihrem täglichen Leben. Denn man orakelt sämtliche Fragen, auf die man zunächst keine Antwort hat. Mir war die Art und Weise der Durchführung nicht komplett transparent, da jeder Charakter verschiedene Gegenstände nutzt, um die Voraussage zu legen. Zur Interpretation gibt es natürlich die passende Lektüre mit den zur Voraussage passenden Text. Tja, man kann gefühlt alle hineininterpretieren. In meiner Jugend habe ich aus Spaß Tarotkarten gelegt. So ähnlich kam es mir hier vor. Viele Möglichkeiten, wie man etwas auslegt. Es sind nicht mal 300 Seiten in meiner Ausgabe zu lesen und trotzdem hatte diese Orakelei keinen wirklichen Sinn. Es trieb die Geschichte nicht vorwärts oder hatte großen Einfluss. Es war lediglich dazu da, am Schluss eine Rolle zu spielen. Ich sollte wohl nur verstehen, wie es funktioniert, um die Quintessenz am Ende zu erfassen. Doch die verwunderte mich genauso.

Der Mann auf dem Berge spielt einen weiteren Schwerpunkt bzw, eigentlich seine Lektüre. Passt auf, denn jetzt kommts: Sein Buch geht rum wie nix innerhalb der Story, denn es behandelt die Thematik „Was wäre, wenn Hitler den Krieg verloren hätte?“. Das gibt unter den einzelnen Figuren natürlich viel Diskussionsstoff und verschiedene Meinungen zum Titel „Die Plage der Heuschrecken“. Cool fand ich, dass sogar Abschnitte daraus vorkamen und wie verdreht die Ansichten waren. Philip K. Dick wob die Brisanz sehr gut ein. Ich meine, über sein Buch „The Man in the high Castle“ wurde in der Realität nach Veröffentlichung auch heiß diskutiert. Fiktion vs. Realität brachten mich zum Grübeln.

Gerade, weil die Historie unserer Realität der fiktiven Welt in „The Man in the high Castle“ nicht ganz unähnlich ist. Der Krieg wurde von Hitler gewonnen – das ist fiktiv. Die historischen Charaktere wie Goebbels & Co. – sie existierten auch in unserer Realität. Wer mit Geschichte nicht viel am Hut hat und zum Beispiel nicht mehr genau weiß, wer für Hitler, die Amerikaner, die Briten oder Italiener welche Stricke zog, verliert hier. So wie ich. Ich war ständig am googlen. Denn der Autor setzt voraus, dass ich das weiß. Kein Wunder, seine Story spielt 15 Jahre nach Kriegsende und erschien auch in unserer Realität 1962. In der Lesetruppe mussten wir uns das Vor Augen halten, denn für die Leser*innen war der Krieg zu dieser Zeit noch sehr präsent. Überraschend angenehm empfand ich übrigens den Schreibstil. Zwischen äußerst höflich, dann wieder gut bürgerlich und auch deutlich, schwenkt die erzählerische Art und Weise. Der Autor liebt es jedoch Dinge aufzuzählen und faktisch zu sein, mal abgesehen von den menschlichen Dia- und Monologen.

Zum Setting selbst wünschte ich mir sehnsüchtig eine Karte im Buch. Für euch als Tipp, man findet mindestens eine Karte online. Dank der Verfilmung in Form einer Serie gibts genug Bildmaterial, die es mir erleichterten die Regionen zu zuordnen. Wer erwartet, dass wir uns innerhalb der Geschichte auf deutschem Terrain befinden, liegt falsch. Hallo USA, linke Hälfte japanisch, rechte Hälfte amerikanisch und dann gibts dann noch so eine relativ neutrale Zone in den Rocky Monutains. Ja, das ist Kopfkino und dann folgen wir noch abwechselnd verschiedenen Personen, die ich fast nicht mehr zusammenbekomme. Juliana in den Rockies, in San Francisco ihrem Ex-Man Frank, den Antiquitätenhändler Robert Childan, dem Japaner Tagomi und dem ausländischen Geschäftsmann Mr. Baynes.

Immer wieder abwechselnd ziehe ich mit den einzelnen Protagonisten durch ihr Leben. So einen richtig roten Faden gibt es dabei nicht. Es wirkte auf mich wie eine Aneinanderreihung von Situationen, teilweise Zufällen, die der Geschichte in die Karten spielen sollte. Ich fand es mühselig und zeitweise langatmig. Denn ich fragte mich oft, was will mir der Autor damit sagen? Wohin führt das Ganze? Mich begleitete das Gefühl, das große Ganze nicht zu verstehen, weil irgendwie müssen diese Menschen doch zusammenhängen oder nicht? Ich sage euch, dass kann zermürbend sein. Wachgerüttelt wurde ich immer wieder durch die historisch gewachsenen und politischen Machenschaften. Rassengesetze, Beleidigungen, die Japaner stehen über den Amerikanern, Hitler löscht weiterhin die Menschheit aus und jeder versucht irgendwie in diesem System einen Platz zu finden statt in Angst zu leben. Irre und unvorstellbar. Ja, es gibt Gänsehautmomente, in der ich dem Leben danke, dass diese fiktive Welt keine Realität darstellt.

Lediglich Juliana ging irgendwann auf eine Reise mit einem Ziel, dass das Ende der Geschichte einleitete. Zufrieden war ich damit nicht. Ich glaube, das war in unserer lesetruppe niemand. Es gab nicht diesen „Wow“-Effekt. Ich gebe zu, ich kann es nicht in Worte fassen. ich müsste es euch erzählen und spoilern. Das mache ich jedoch nicht.

Fazit:

Es ist keine Abenteuerreise mit einem roten Faden, sondern die Erzählung über das Leben in einer fiktiven Welt, in der Hitler den Krieg gewonnen hätte. Lediglich die Symbolik des Orakels und eine häufig diskutierten Lektüre finden immer wieder Platz und sind zwei Schwerpunkte, die am Ende einen Sinn ergeben.

Für diesen Klassiker gebe ich keine Bewertung in Form von Pfoten ab.

Liebe Grüße Tina (& Leo)

3 Kommentare

  1. Ich fand das Buch super und es hat mich auch beeinflusst. Ich muss aber zugeben, dass ich zwischendurch gemogelt und eine Interpretation gelesen habe. Es geht im Buch darum, wie das Unechte, die echte Welt beeinflussen kann (zB bei den gefälschten Antiquitäten, die die Preise der echten Antiquitäten senken) und ich hatte dann viel Spaß daran alles Unechte zu finden und zu überlegen, wie es die Welt im Roman beeinflusst, aber auch Möglichkeiten zur Diskussion in unserer Welt gibt.
    Ein bisschen hat mich das Buch auch erschüttert, weil es in der Geschichte Technologie aber auch Ereignisse gab, die total unrealistisch sind (zB die Reiseraketen) und bei denen ich mir dachte, dass die Menschen eigentlich merken müssten, dass sie nur in einer Geschichte leben. Kurz nachdem ich das Buch damals gelesen hab, hat Trump die US-Wahl gewonnen und die Britten haben mehrheitlich für den Brexit gestimmt. Das kam mir damals so unwahrscheinlich und verrückt vor, dass ich mich bis heute manchmal frage, ob unsere Welt so viel weniger verrückt ist als die aus The man in the high castle und ob wir nicht auch in einer Geschichte leben. ^^

    1. Einen wunderschönen guten Abend,

      und danke für deine Sicht auf dieses Buch.
      Mir fiel es echt schwer, DAS Ding zu sehen.
      Doch du hast es ganz einfach gesagt: „Es geht im Buch darum, wie das Unechte, die echte Welt beeinflussen kann.“
      An mancher Stelle beeinflussen Dinge aber auch nicht, sondern man wünscht es sich einfach nur.

      Viele Grüße
      Tina

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