Moment mal! In was für eine Richtung geht denn das? – „Tears of Light“ von Ava Blum

Hallo bookish People,

endlich Zeit für eine Rezension, denn es brennt mir ein bisschen auf der Seele zu diesem Buch etwas zu sagen. Leider wird diese Rezension SPOILER enthalten. Ich kann hier nicht um den Aspekt rum schlawenzeln, der mich überrascht, irritiert und gestört hat. Hätte ich von der „Enthüllung“ bereits im Klappentext erfahren, wäre das Buch nicht in meinem Regal gelandet.

Ein paar einleitende Worte zum vermeintlichen NA-Liebesroman von Ava Blum

Ich hatte das Buch bereits im März auf der Leseliste, aber nicht geschafft. Auf TikTok und im Monatsrückblick stellte ich das Buch kurz als „Romance-Underdog“ vor. Denn als der Titel 2020 erschien, habe ich ihn kaum auf Social Media wahrgenommen und das blieb bis heute so. Von der deutschen Autorin, die lt. Innenklappe in Berlin geboren wurde, Journalismus studierte und nun auf Gran Canaria lebt, habe ich noch nie etwas gehört. Ehrlich gesagt, fiel mir erst jetzt auf, dass es sich um eine deutsche Autorin handelt und dass die Geschichte von „Tears of Light“ in Berlin spielt. Der Protagonist Lennox lebt isoliert in der Wohnung seines Vaters. Ihm ist es aufgrund einer Lichtkrankheit nicht möglich bei Tag das Haus zu verlassen. Er neigt zudem dazu sämtliche Hilfe und Menschen in seiner Umgebung abzulehnen. Darunter zählen auch diverse Haushaltshilfen, die schnell wieder das Weite suchten. Bis Lennox Vater Suki von einer grschäftlichen Japanreise mitbringt. Die junge Frau lässt sich von Lennox unhöflicher Art nicht abschrecken und verhält sich im Allgemeinen anders als alle anderen Menschen in Lennox Umgebung. Was ist los mit ihr? Eine Faszination ergreift den Protagonisten. In diese Richtung geht der Inhalt des Klappentextes. Ich dachte an Geschichten wie „Ein ganzes halbes Jahr“ oder „Beastly“ (nur ohne Fantasy). Doch das ging dann doch in einen Genre-Mix, mit dem ich nicht gerechnet habe.

Es hätte so einfach sein können, war es dann aber nicht

Die Story wird zu Beginn nur aus Lennox Ich-Perspektive erzählt, von daher war ich dem ca. 19-Jährigen sehr nah. Seine Beschreibungen und Äußerungen sind direkt, unverblümt, ja sogar beschimpfend. Ich verstand seinen Frust, seine Schmerzen, die sein Leben einnahmen, aber wow, wo hat der Junge ein gewisses Maß Höflichkeit und Empathie gelassen? Ich mochte Lennox bis zum Schluss nicht. Selbst positive Vibes wirkten naiv und Entscheidungen unüberlegt. Lennox emotionale Entwicklung vom zurückgezogenen, trauernden, trotzigen Jugendlichen (so muss ich es einfach sagen) zum verknallten, dem Leben wieder etwas abgewinnenden Beschützer war für mich nicht zu übersehen. Darüber hinaus kam erst auf den letzten Seiten noch ein Tüpfelchen Erwachsensein dazu, und das nur, weil er wieder normal leben konnte. Ich musste mit dem Kopfschütteln, weil natürlich die Lichtkrankheit verschwand. Zack Happy End. Sorry, die Krankheit mag psychosomatisch gewesen sein, verknüpft mit der Trauer um seine Mutter und dem gestörten Verhältnis zum Vater, doch die Ausarbeitung zum Fall dieser hohen Mauern ging für mich inhaltlich in großen Teilen unter und war am Ende plötzlich da. Das ist schade. Mal abgesehen davon, dass sich die Handlung zeitlich innerhalb weniger Wochen bewegt und manche Dinge im Leben mehr Zeit benötigen, um zu heilen.

Suki tauchte recht schnell als neue Haushaltshilfe auf. Sie sei die Tochter eines Geschäftspartners und möchte die die deutsche Kultur kennenlernen. Mir als Lesende war sofort klar, dass daran etwas faul sein musste. Lennox stellte das, für mich überraschend, nicht infrage. Es gibt für junge Menschen, besonders mit finanziell soliden Hintergrund, mehr als genug andere Möglichkeiten fremde Kulturen kennenzulernen. Die Autorin wies außerdem förmlich mit dem Zeigefinger darauf, dass Suki sich selbst für eine fremde Person in einem fremden Land sonderbar benahm. Ich verstand, dass Lennox darüber nachdachte, ob Suki erkrankt sei, auch wenn in die Klischeekiste Downsyndrom oder Asperger gegriffen wurde. Doch von Seite zu Seite kam mir immer mehr der Gedanke, dass ihr Benehmen sich kaum als menschlich bezeichnen lässt und ich dachte nur „Oah nö, lasst das jetzt bitte nicht in eine abstruse Sci-Fi-Lovestory driften“.

Tja, sagt hallo zu Suki, den humanoiden Roboter, der dann urplötzlich durch ein (für Menschen) emotionales, schreckliches Ereignis ein Bewusstsein entwickelt und ich das ab diesem Zeitpunkt auch durch ihre Perspektive erleben dürfte. Eigentlich war das der Punkt, an dem ich nur noch hoffte, dass sich hier keine Lovestory zwischen Roboter mit Bewusstsein und Mensch entwickelt. Eine unerfüllte Hoffnung. Ich wollte diese thematische Kiste nicht, von wegen, wo hört die Maschine auf und der Mensch an. Das ist nicht meins, egal, wie viele hübsche weihnachtlich, winterliche Momente in Berlin genutzt wurden, um Lennox und Suki die schönen Seiten des Lebens zu offenbaren und erst recht nicht, als Suki die dramatischen Abgründe mancher Menschen erlebte. Warum musste diese gute Grundlage mit isolierten jungen Mann und seiner Haushaltshilfe so genutzt werden? Um etwas völlig Neues oder Unerwartetes zu schaffen? Ich will nicht abwertend sein. Vermutlich hat die Geschichte Lesende für sich gewonnen, doch mir war das schlussendlich zu weit her geholt und zu wenig bedacht erzählt.

Für mich hätte die Story keinen Roboter gebraucht, um gut zu werden, sondern zwei Menschen, die sich im langsamen Rhythmus kennenlernen, beide ihre Päckchen mitbringen und aufarbeiten, insbesondere vor dem Hintergrund der Isolation einer der Beiden. Als Setting noch Berlins Weihnachtsmärkte und ich wäre zufrieden gewesen. Ich beendete das Buch, weil es sich trotzdem gut lesen ließ und ich die Charaktere an sich verstand. Alles andere reicht aber nicht, damit es bei mir bleiben darf.

5 Kommentare

  1. Huhu Tina,

    wow, ich hätte wahrscheinlich bei dem Part, als sie sich als Roboter entpuppte abgebrochen. Ich mag zwar Fantasy und auch mal total abgehobene Dinge lesen, aber das wäre mir zu schräg gewesen.

    Cheerio
    RoXXie

    1. Hi Roxxie,

      du, ich war auch kurz davor. Andererseits wollte ich wissen, wie das endet, egal, ob es mir missfällt.

      Viele Grüße
      Tina

  2. Hey Tina,
    wow, du hast bis zum Ende durchgehalten. Ich muss gestehen, bei deiner Schilderung hätte ich vermutlich abgebrochen. Hört sich nach einer sehr abstrusen Geschichte an. Nein, das ist nicht mein Fall. Aber deine Rezension hat Spaß gemacht, zu lesen.
    LG
    Yvonne

    1. Hi Yvonne,

      ich wollte mich nicht geschlagen geben. *lach
      Aber das war echt schon ne Hausnummer.
      Freut mich auf jeden Fall, dass dir die Rezi Spaß gemacht hat.

      Liebe Grüße
      Tina

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