Blick ins Buch - "Sommerschwestern" von Monika Peetz - Familientreffen, das nicht nur die Vergangenheit aufräumt

Blick ins Buch – „Sommerschwestern“ von Monika Peetz – Familientreffen, das nicht nur die Vergangenheit aufräumt

Hallöchen liebste Buchgemeinde,

Der Juli nähert sich bereits wieder seinem Ende und ich sitze hier in nem dünnen Pulli und Jeans statt in T-Shirt und kurzer Hose. Ich genieße die Pause von den sehr warmen Temperaturen und die heutige Zeit, die ich mir zum Bloggen nehme. Vor mir liegt nach wie vor ein Stapel an Notizen, die zu einer Rezension gewandelt werden wollen. Ein Stapel ungeschriebener Rezensionen, kann man das SUR nennen? Jedenfalls habe ich mich entschieden euch meine Meinung zu einem Roman zu sagen, den ich erst kürzlich beendet habe.

1 Familie, 4 Schwestern, 20 Jahre nach einem Familienunglück und viele ungesagte Worte

Ganz plötzlich taucht die Einladung auf. Eine Einladung nach Bergen in den Niederlanden, dem alten Urlaubsort der Familie Thalberg, der Ort, an dem der Vater der vier Schwestern Yella, Helen, Amelie und Doro vor 20 Jahren tödlich verunglückte. Was bezweckt ihre Mutter damit? Schließlich haben alle mit ihrem eigenen Leben genug zu tun. Doch es nützt nichts, die Sommerschwestern werden es herausfinden müssen.

Nun habe ich ihn mir doch geschnappt, den Start der Trilogie um die Sommerschwestern. Der 2. Band „Die Nacht der Lichter“ ist bereits erschienen und ich denke, ich werde der Familie Thalberg treu bleiben. Monika Peetz reihte sich mit diesen Büchern in die Bestsellerlisten ein und ich verstehe warum. Schreiben kann sie, und ich merke immer wieder, dass sie bereits Wörter in Bild und Ton umgewandelt hat. Viele beschriebene Situationen stellte ich mir wie in eine Filmszene vor. Und salopp gesagt, die Autorin kann Gedanken lesen bzw. sich richtig gut in Menschen hineinversetzen. Die alltäglichsten Dinge, die einen nerven, einfach nur aufgezählt (Businesstypen, die keinen Platz auf der Rolltreppe machen, Menschen mit Mundwinkel wie Angela Merkel, die mit Blicken töten können, Unruhe im Ruhebereich der Bahn). Amüsant und doch authentisch aufgezeigt, nickend und schmunzelnd, so meine Reaktion. Dazu kommen Beschreibungen des Settings an der niederländischen Nordseeküsste, die mich zwischen Astrid Lindgren – Flair (obwohl nicht Schweden) und Roadmovie-Dynamik schwanken lassen. Ich wollte so gern ein Ferienhäuschen dort haben und zwischen Dünen und Meer spazieren gehen. Dass Monika die Gegend sehr gut kennt, ist offensichtlich und schön.

Ich war ziemlich überrascht, dass ich im ersten Kapitel a) die Protagonistin Yella schon ziemlich gut kennenlernte, b) die schwierige zwischenmenschliche Beziehung zu ihrer Mutter anhand weniger Worte offenbart wird und c) die wiederstreitenden Gefühle bezüglich der Einladung bei allen Schwestern mehr als offensichtlich ist. Yellas personelle Perspektive lässt schon tief blicken. Mein erster Eindruck war: Sympathisch, emphatisch, menschlich, gehetzt. Kein Wunder, denn sie rennt zu Beginn nach dem Zug Richtung Niederlande. Dabei ist ihr Kopf voll mit dem Alltag ihrer eigenen Familie. Zwei kleine Jungs, einem Partner, der seit Jahren versucht, seinen nächsten Roman zu beenden, der Teilzeitjob in einem Startup, das Gefühl ihr Leben ständig verteidigen zu müssen und es niemanden recht machen zu können, erst recht nicht ihrer eigenen Mutter. Puh! Es war einfach, mich in sie hineinzuversetzen, weil ich ihr glaubte, weil der Alltag einen verschlingen kann und jede Überraschung die Routine durcheinander bringt, die einem Halt gibt.

Doch sobald sie Bergen betritt, holen sie die Erinnerungen ein, holt sie ihre Familie ein. Es gefiel mir, wie präsent das war. Beispielsweise, dass Yella als Erwachsene die Dinge nun anders betrachtet als damals im Kindesalter. Ich meine, das ist normal, aber es macht etwas mit ihr, sie fängt an zu verarbeiten, sich den Bildern ihrer Kindheit zu stellen und fragt sich aufgrund der Gespräche mit Schwestern und Mutter vor Ort, ob die Ferien in den Niederlanden früher anders waren als sie dachte. Ich sah eine gestandene Frau, die viel Frust und Wut mit sich herum schleppte und hier die Chance bekam, sich zu entwickeln.

Zwischen Yellas Perspektive, schlichen sich einige wenige Kapitel aus Amelies Sicht. Sie ist, mit ihrer Zwillingsschwester Helen, die Jüngste der Schwestern. Unstet in Liebe, Leben und Job sucht die romantische und ein wenig naive Amelie noch ihren Platz. Sie fühlt sich von der Familie vergessen bzw. in den Hintergrund gedrängt. Ich verstehe sie. Doro, die als berühmte Kostümbildnerin alle in den Schatten stellt, Helen als pragmatische Wissenschaftlerin, Yella als Mutter zweier Kinder und eisernen Willen, scheinen ganz andere Probleme als sie zu haben. Doch ihre Sicht der Dinge ist viel einfacher als Yellas Gedanken, die von einen ins andere gehen. Amelie ist freier und genießt mehr den Moment. Zu gern hätte ich auch Doros und Helens Perspektive kennengelernt. Gerade weil die Vier so unterschiedlich sind und mir der Wechsel bereits zwischen Yella und Amelie Spaß machte. Vielleicht folgt das in den nächsten Bänden, wer weiß. Obwohl ich zugeben muss, dass Helen durch Yellas Perspektive noch ein wenig mehr zum Zug kam als die älteste Schwester Doro.

Die Handlung drehte sich unter anderem viel um die Gespräche, teilweise Aussprachen innerhalb der Familie, die Päckchen an persönlichen Problemen, die sich nach und nach öffneten. Zum Teil ganz, zum Teil noch verhüllt, findet sich nicht für alles in diesem Buch eine Auflösung. Einerseits fand ich das schade, da gerade um die Mutter noch nicht alle Karten auf den Tisch gelegt wurden. Anderseits sprechen wir hier von Themen, die eine ganze Reihe füllen.

Henriette Thalberg ist übrigens für mich ein zweischneidiges Schwert. Zwischen ihr und ihren Töchtern herrscht kein liebevoller Umgang. Ich gebe zu, am Anfang von jedem Dialog mit Yella amüsierte ich mich noch, wie befremdlich diese Beziehung wirkt, doch umso mehr die Sätze voranschreiten, umso unsympathischer und unsensibel verhält sich Henriette. Ich schüttelte oft mit dem Kopf. Das kann auch nur gewollt sein, denn einerseits verstehe ich die Beweggründe, andererseits kann sie das anders verpacken. Was für eine Kiste beim Lesen, ich sag es euch. Langweilig ist das nicht.

Ein weiterer Handlungsaspekt dreht sich um den Grund der Einladung, den ich nicht spoilern möchte. Aus meiner Sicht heraus: Ich habe nicht damit gerechnet, sondern dachte an etwas völlig anderes. Das Andere kam dann übrigens auch noch vor, war aber nicht der Grund für die ominöse Einladung. Die Mutter hat es auf jeden Fall drauf, sich ein Ding nach dem anderen zu leisten und ich konnte mit ansehen, wie jede Tochter damit umging. Automatisch fragte ich mich selbst, was ich machen würde, wenn solch eine Bombe platzt. Die nur halb so schlimm ist, wie alles andere, dass ich mir ausgemalt habe. Diese Familie regt wirklich die Emotionen und Hirnzellen an.

Das Ende bezieht sich glücklicherweise um Yellas persönliches Glück und schließt ihre Geschichte wunderbar ab. Das hat sie sich auch verdient, denn manchmal dachte ich schon, dass sie sich in ihren Gedanken und Zweifeln ganz verlieren könnte. Für alles andere brauche ich Band 2.

Liebe Grüße Tina (& Leo)

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