Blick ins Buch - "20.000 Meilen unter dem Meer" von Jules Verne - 5 Punkte, die aufgefallen sind

Blick ins Buch – „20.000 Meilen unter dem Meer“ von Jules Verne – 5 Punkte, die aufgefallen sind

Hallöchen bookish People,


ich habe echt lange überlegt, schreib ich was zu Kapitän Nemo, schreib ich nichts zu Kapitän Nemo. Celina steht mit dem Problem da, dass sie dem Roman nicht bis zum Schluss folgen konnte und die #readingclassic – Leserunde war vom Umfang beeindruckt, aber emotional packte es kaum und es zog sich. Interessanterweise wirkt das Buch bei mir nach und ich versuche jetzt mein Glück ein paar Worte zu finden. Vielleicht eher nicht als Rezension, sondern anhand von ein paar aufgefallenen Punkten.


Jules Verne, ein wissenschaftliches Brain


Wie Christina von „Books ´n´ Stories“ bereits vorm Lesen ankündigte: „Es ist ein Wissenschaftsroman“. Das ist es und ein Vorreiter der Science Fiction – Romane. Ich fand seitenweise Erklärungen zur Biologie der Flora und Fauna innerhalb und außerhalb des Meeres. Grundlage dafür waren die bis dato offiziellen wissenschaftlichen Erkenntnisse um die 1860er und 70er. Dazu kamen Ideen, wie sich das Leben auf der Nautilus bewerkstelligen lässt ohne dass die Menschheit von der Nautilus wusste. Verrückt! Fantastisch! Und wissenschaftlich untermauert. Zumindest glaubhaft dargestellt inklusive der physikalischen und chemischen Abläufe von Gerätschaften des Unterseebootes. Ich las das zu Beginn noch euphorisch und neugierig, trotz des altbackenen Schreibstils, der zur Zeit der Erscheinung wahrscheinlich als äußerst modern und abenteuerlich galt. Es ließ sich lesen, gut lesen, doch irgendwann sind die vielen Informationen, abseits der Handlung, zu viel geworden. Mein größtes Problem ist dabei gewesen, dass ich nicht wusste, welche Erkenntnisse heute überholt sind und welche wiederum noch aktuell. Es gab in keiner der von uns gelesenen Ausgaben ein zusätzliches Glossar oder Ähnliches. Natürlich hatte ich keine Lust alles nachträglich zu recherchieren und so verflüchtigte sich mein Interesse an den vielen Details.


Eine andere Perspektive als erwartet


Wer glaubt, die Story wird aus der Perspektive von Kapitän Nemo erzählt, den muss ich enttäuschen. Nach einer längeren Vorgeschichte mit merkwürdigen Vorkommnissen, die versenkte Schiffe betrifft, tritt eine Ich-Perspektive in Erscheinung. Meine Verwirrung zeigte sich in Stirnrunzeln, weil das nicht Nemo sein konnte, obwohl es doch nur er sein konnte, oder? Nach weiteren Seiten stieß ich auf die Beschreibung des Professors für Naturgeschichte, spezialisiert auf die Tiefsee und wenig später auf den Namen: Monsieur Pierre Arronax, der später nur noch Arronax oder von seinem Diener „Herr“ gerufen wird. Ich war enttäuscht. Es gibt auch keinen weiteren Perspektivenwechsel, obwohl einige Nebencharaktere eingeführt werden.


Wo sind denn bitteschön die Frauen?


Ich bin mir sicher, ich habe bis zu „20.000 Meilen unter dem Meer“ keinen einzigen Roman gelesen, in der keine Frau vorkam. Also im Normalfall werden Frauen im Alltag immer erwähnt, getreu dem Motto „da lief eine Frau über den Flur“ oder als „Bedienstete“ oder wenigstens „Ehefrau“ zu der Zeit. In „20.000 Meilen unter dem Meer“ wurde lediglich zum Schluss eine Frau am Rande erwähnt. In welchem Zusammenhang erkläre ich nicht – das wäre ein Spoiler. Ansonsten strotzte die Story vor männlichen Charakteren, Inhalten, Meinungen, Abenteuern, Gefühlen, aber auf eine überholte Art und Weise, wie ich Männlichkeit heute nicht mehr betrachten würde. Jules Verne liefert ein großes Patriarchat, in dem nur ein Mann etwas zu sagen hat. Ich finde, es wird sehr wenig auf die Charakterentwicklung eingegangen. Ich kenne die Namen und die markanten Eigenschaften der Personen, aber so gut wie nichts bezüglich ihres bisherigen Lebens, ihrer Gefühle oder Erfahrungen. Das kratzt alles nur an der Oberfläche. So viel wie es um Wissenschaft und Abenteuer geht, so wenig geht es um den Menschen selbst.


Es sind 20.000 Meilen durch das Meer!


Der größte Lacher zwischen Christina und mir war die Erkenntnis, dass die Nautilus nie 20.000 Meilen tief sank, sondern 20.000 Meilen durch das Meer reiste. Soweit ich mich erinnere ging es nie tiefer als 14 oder 16.000 Meilen. Dafür kamen wir sehr weit. Es machte viel Spaß verschiedene Meere zu durchqueren. Arronax bekam mit seinen Begleitern so die Chance Wälder unter den Meeren, versunkene Schiffe, Unterwasserhöhlen, Inseln oberhalb des Meeres und noch viel mehr zu sehen bzw. ebenso zu erforschen. Die Pracht all dessen machte mir Lust die Welt, auf der wir leben, zu entdecken. Gepaart hat Jules Verne das jedoch mit Kritik an den Raub der Natur, die die Menschheit jeden einzelnen Tag begeht. Selbst zu dieser Zeit war das Thema. Mir entging trotzdem nicht, wie heuchlerisch Nemo das rüber brachte, denn ich denke, mit seinen Ansichten als gefühlter „Herrscher“ der Meere, ist er nicht viel besser gewesen.


Der Kraken, natürlich der Kraken!


Jeder kennt es! Das Bild, auf dem die Nautilus von einem gigantischen Kraken umschlingt wird. Das absolute Horrorszenario, der Showdown, hier will der Lesende wissen, wie die Crew aus der Situation entkommt oder eben nicht. Ich dachte auch, darauf läuft die Geschichte hinaus. Sprich, auf die Jagd nach dem Kraken. So ist es nicht. Die Handlung ist eine endlose Reise von einem Punkt, den man sich anschauen kann, zum nächsten. Wir verweilen leider nie lange an einem Ort. Der Kraken spielt nur eine Nebenrolle. Lang ersehnt und doch viel zu kurz erwähnt. Ich habe mir das spektakulärer vorgestellt. Nein, stattdessen drehen wir eine Runde um den Erdball, überlegen, warum Nemo so hart ist, wie er ist, und versuchen mit Arronax und seinen Begleitern vielleicht von der Nautilus zu fliehen, weil „Gast sein“ nicht „für immer“ bedeutet.

Habt ihr den Klassiker gelesen? Was sagt ihr zu den Punkten?

Liebe Grüße Tina (& Leo)

7 Kommentare

  1. Schönen guten Morgen!

    Von Jules Verne kenne ich bisher leider nur „Reise zum Mittelpunkt der Erde“. Das hab ich als Jugendliche gelesen, ich glaub, mit 12 und war damals total fasziniert. Leider hab ich in der langen Zeit kein einziges weiteres Werk von ihm gelesen, was ich unbedingt nachholen möchte…
    Dass so wenig Frauen vorkommen mag einfach an dem Gesellschaftsbild liegen damals und an der Handlung. In einem Unterseeboot waren wohl einfach keine Frauen erwünscht, könnte ich mir vorstellen bzw. war es an sich eine Unternehmung, in der damals Frauen „keinen Platz“ hatten.
    Ich bin jedenfalls gespannt wie es mir gefallen wird 🙂

    Liebste Grüße, Aleshanee

    1. Hallöchen Aleshanee,

      ich hab schon von mehreren Buchmenschen gehört, dass „Die Reise zum Mittelpunkt der Erde“ oder „80 Tage um die Welt“ gut sein sollen.
      Ja, das frühere Gesellschaftsbild der Frau ist sicherlich der Hauptgrund, nur gefühlt wird die Frau an sich totgeschwiegen. Das war für mich als Leserin einfach auffällig.

      Viele Grüße
      Tina

  2. Hallo Tina,
    Jules Verne finde ich toll. Er hat in allen seinen Büchern immer wieder wissenschaftliche Erkenntnisse reingebracht. So war es auch bei „In 80 Tagen um die Welt“, denn er musste sich ja überlegen, wie das möglich wäre. 🙂
    Das Buch hat mir übrigens besser gefallen.
    Wie du richtig geschrieben hast fand ich Nemo sehr heuchlerisch. Meiner Meinung nach benimmt er sich nicht besser als die Menschen außerhalb des Meeres, aber trotzdem hält er sich für was besseres. Ein unsympathischer Charakter finde ich.
    Aber ich habe noch weitere Bücher von Jules Verne in meinem Regal und werde wieder in seine Welten eintauchen. 🙂
    Liebe Grüße
    Diana

    1. Hallooo nochmal Diana,

      du bist auf Stöberrunde unterwegs 🙂
      Ja, Nemo war ein eigensinniger Charakter, Sympathie konnte ich für ihn auch nicht empfinden.
      Ich wünsche dir mit Verne auf jeden Fall weiterhin viel Spaß.

      Liebe Grüße
      Tina

  3. Moin Tina!

    Mich konnten die Werke von Jules Verne auch nie so recht packen: Vom wissenschaftlichen Aspekt (der mich nicht interessierte) waren sie sicherlich ihrer Zeit weit voraus, bzgl. der Beschreibungen der inneren Konflikte der Personen (die mich interessierten) hatten sie eher wenig zu bieten. Nach drei Romanen war dann auch für mich Schluss.

    Ansonsten sind Vernes Werke eben ein Spiegelbild ihrer Zeit, wo Wissenschaft, Forschung und Technik Männerdomänen war. Frauen waren in seinen Romanen eher Randerscheinungen und durften sich höchstens von dem Helden aus einer misslichen Lage befreien lassen.

    Glücklicherweise sind wir heute weiter – noch nicht am Ziel, aber schon weiter. Darum kann ich etliche Klassiker der Literatur auch als das sehen, was sie sind: Zeugnisse einer vergangenen Zeit.

    Lieben Gruß
    Andreas

    1. Genau, Andreas,

      Zeugnisse einer vergangenen Zeit drückt es zusammenfassend sehr gut aus.
      Dass du Verne 3x eine Chance gegeben hast, davor ziehe ich den Hut. Ich glaube, für mich war es das – bis ich vielleicht irgendwann den von dir geschilderten Tatbestand verdrängt habe und Verne wieder eine Chance gebe.

      Viele Grüße
      Tina

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert