Einen wunderschönen Wochenstart meine Lieben,
nach den ersten goldenen Oktobertagen scheint heute in Leipzig der Sprühregen auf dem Tagesprogramm zu stehen. Mich juckt es nicht, dann geh ich nachher eben mit Gummistiefeln Gassi. Leo kennt das bereits zur Genüge. Ich bin nach wie vor ziemlich tiefenentspannt. Ok, manchmal reg ich mich über Dinge auf, doch das war vor meinem Urlaub schlimmer. Seit wir wieder zurück sind, hat sich etwas verändert und ich hoffe, das bleibt so. Wie lange habe ich mir vorgenommen, mich nicht selbst unter Druck zu setzen, nicht mehr endlose To Dos auf die Liste zu setzen und es dann nicht umgesetzt. Tja, jetzt ist die Ruhe da. Dementsprechend liest man von mir hier zwar noch regelmäßig etwas, aber mit immer größeren Abständen. Ich rezensiere nicht mehr alles, was ich gelesen habe, habe mehr Lust auf andere Dinge und das ohne schlechtes Gewissen. Zum Beispiel gibts heute aus dem Bauch heraus diesen Beitrag.
In der letzten Zeit passten 3 sehr kurzweilige Bücher sehr gut in meine Lesestimmung. Ich empfand es auch als ziemlich aufregend herauszufinden, ob mich diese dünnen Bücher in der Würze ihrer Kürze (schönes Wortspiel) packen können. Reichen 119, 142 und 93 Seiten aus, um mein Herz zu gewinnen? Kinderbücher schaffen das ja ohne Zweifel. Nun, wie sieht es aus mit Romanen oder Gedichten bzw. Poetry Slams ohne live dabei zu sein? Hier gibts die Antwort anhand der 3 Beispiele.
„Heller als alle Sterne“ von Dani Atkins
Erst letzten Monat ist dieses 92 seitige Buch als hübsches Klappenbroschur bei Knaur erschienen. Kurz bevor ich in den Urlaub gefahren bin. Knaur veröffentlichte eine ganze Reihe cozy Sommerromane im Kurzformat von bekannten Autor*innen. Darunter einige Spin Offs bereits erschienener Romane – wie hier. Ich liebe Dani Atkins Romane. Sie rühren mich zu Tränen und sind so fesselnd. So wie „Sag ihr, ich war bei den Sternen“ (Rezi hier), die Vorgeschichte zu „Heller als alle Sterne“. Man kann beide Bücher unabhängig voneinander lesen, aber ich möchte dennoch darauf aufmerksam machen, dass „Heller als alle Sterne“ sehr spoilert. Ich finde, man erfasst das große Ganze auch erst, wenn man den Vorgänger kennt. Nichts desto trotz sind es 92 tolle Seiten, die mir so viel Lust auf mehr gemacht haben. Worum gehts denn eigentlich? Maddie wacht nach 10 Jahren erneut aus dem Koma auf und blickt in die Augen ihrer inzwischen pubertierenden Tochter, ihren immer noch attraktiven besten Freund und alsbald in die alternden Augen ihrer Eltern. Erneut beginnt sie ihr Leben und versucht 10 Jahre aufzuholen. Allerdings schwört sie sich, keinen Mann in ihr Leben zu lassen. Denn Maddie möchte nicht, dass er den Schmerz ertragen muss, falls sie wieder in einen tiefen Schlaf fällt…Es war so gut, wirklich. Es gab so viele Themen: Die erste große Liebe, die Thematik zwischen den Stühlen als Elternteil zu stehen, wenn aus Freundschaft Liebe wird, Demenz und ihre Folgen und wie lebe ich weiter mit der Angst, das Leben wieder verlieren zu können. Irre. Ich meine, alles wurde sauber und hochsensibel aufgelöst. Ich liebe es, nur ein paar Seiten mehr, ein paar Situationen und Gegebenheiten mehr, hätten mein Herz höher schlagen lassen. Ich möchte jetzt eine Fortsetzung mit 300-400 Seiten bitte.
„Mondscheintarif“ von Ildikó von Kürthy
Oh ja, das stand lange bei mir im Regal. Vor einigen Jahren stieß ich auf „Mondscheintarif“ als Mängelexemplar und dachte mir „Hey, da gabs doch den Film. Die 140 Seiten zu lesen, wäre doch ganz nice“. Den Film habe ich übrigens nie gesehen. Jedenfalls erinnerte mich von Kürthys Stil sehr an die „Frauenromane“ von Susanne Fröhlich. Das war eine Zeit. Heutzutage benehmen sich die Protagonistinnen in den Romanen anders als früher. „Mondscheintarif“ erschien 1999 – das sind 22 Jahre. Ich halte hier die 53. Auflage aus dem Jahr 2013 in der Hand. Verrückt und doch immer noch up to Date. Worum gehts? Um die Frau von „heute“ natürlich. Allerdings in der Zeit von 99. Da hat eine Frau noch zuhause auf den Anruf des Mannes ihrer Träume gewartet. Am Festnetztelefon. So wie die Protagonistin Cora Hübsch, 33 Jahre alt, Single. Ich folge ihr einen Abend lang, inklusive Angabe der Uhrzeiten, ihren Gedanken und Tätigkeiten. Es hat Witz und Charme, wirkt inzwischen aber in die Jahre gekommen. So sinniert Cora über vergangene Beziehungen, erzählt wie sie ihr aktuellen angehenden Traummann kennengelernt hat und über das gesellschaftliche Bild der Frau. Ja, ich erkenne nach wie vor viele Dinge wieder. Ich bin schließlich vor 2 Jahren auch noch 33 gewesen und manches ändert sich eben nie. Trotzdem sehe ich toxische Beziehungen, Diskriminierung, Abhängigkeit und Klischeebilder in dieser an sich doch femininen Perspektive kritisch. Stellt Cora sich doch tatsächlich die Frage, warum man „Negerkuss“ nicht mehr so nennen darf und bildet sich über jeden ein klischeehaftes Urteil, das logischerweise widerlegt wird. Kurzweilig ja und als Vergleichslektüre heute und damals auch nicht schlecht, aber bitte nicht zu ernst nehmen.
„Keine Ahnung, ob das richtig ist“ von Julia Engelmann
Vor 2 Jahren zur Frankfurter Buchmesse fiel mir eines von Julia Engelmanns Büchern aus einem öffentlichen Bücherschrank in die Hände. Der Clou: Sie hat es dort selbst versteckt. Das habe ich erst im Nachgang auf Instagram mitbekommen. Ein Glücksgriff, schon allein, weil „Keine Ahnung, ob das richtig ist“ zu diesem Zeitpunkt gerade erst erschienen ist. Julia Engelmann ist eine grandiose Poetry Slamerin. Ich dürfte sie einmal live erleben und bin von dieser Kunstform sehr beeindruckt. Ich war nur bereits zum damaligen Zeitpunkt in meinen Erfahrungen weiter als die Autorin. Klar, konnte ich mich über meine Erinnerungen mit ihr identifizieren. Nur nahmen mich die Themen nicht innerhalb meiner Gegenwart mit und so ähnlich ging es mir mit „Keine Ahnung, ob das richtig ist“. Selbstfindung, Angst vor der Zukunft oder sich auf jemanden einzulassen, einseitige Liebe, Meinungsverschiedenheiten, aber auch Momente des Genießens, des Glücks und Dankbarkeit gegenüber Menschen, wie auch Tieren beinhalten die einzelnen Gedichte. Mir gefiel am meisten tatsächlich das Gedicht um ihren Hund – ganz viel Liebe dafür. Für das Lesen habe ich mir Zeit genommen. Obwohl es nur 120 Seiten waren, konnte ich das nicht mit einem Rutsch weglesen. Zum einen sind es oft sehr lange Gedichte, die ich im Gesamten nicht unbedingt gleich erfassen konnte. Live als Slam hört es sich eindeutig besser an als das „nur“ zu lesen. Zum anderen gesteht die Autorin mir ihre eigenen Emotionen und Lebensinhalte, das wollte ich würdigen. Nicht zu vergessen ist die liebevolle Gestaltung mit Illustrationen der Autorin – zuckersüß. Meines Erachten darf so ein Buch nicht dicker sein, das passt haargenau.
Ich hoffe, euch hat die Vorstellung der Bücher gefallen. Eine Bewertung im Pfotenformat lasse ich heute mal aus. Denn es geht auch so.
Liebe Grüße Tina (& Leo)