„Can you help me find you“ von Amy Noelle Parks – Kreative Mathematik, eine coole Clique und endlich mal kein Drama

Guten Abend meine Lieben,

und wir haben bereits Mittwoch. Bergfest. Schon die Hälfte geschafft. Doch die To Do – Liste ist noch voll. Dafür habe ich die Pfingstfeiertage sehr genossen und dementsprechend war es mir das wert alles stehen und liegen zu lassen. Nun arbeite ich meine Aufgaben in Ruhe ab, schaue, was erledigt werden kann (Haushalt, Blog, Termine) oder es bleibt eben liegen. Eine Sache, die ich mir bereits letzte Woche vorgenommen habe, aber erst jetzt umsetze, ist diese Rezension. Das Buch habe ich zusammen mit Mareike („Reading Penguin„) und Sandra („Piglet and her Books„) gelesen, weil wir alle Drei beim Bloggergewinnspiel des Verlages Glück hatten.

Smarter Humor, smarte Charaktere und die „Alten“ gucken doof aus der Wäsche

Allgemein:

Amy Noelle Parks ist Mathematikerin, Lehrerin und RomCom – Fan. Mit „The quantum weirdness of the almost-kiss“ wurde sie auch zur Autorin. Der YA-Roman erschien 2020 in Deutschland unter dem Titel „Can you help me find you“ bei Rowohlt. Inhaltlich verpackte die Autorin genau das, womit sie sich gern beschäftigt in eine Geschichte, denn es dreht sich um die siebzehnjährige Evie, die gemeinsam mit ihrem besten Freund Caleb die Newton Academy besucht. Sie, das Mathe-Genie, er, der Computer-Crack, kennen sich ihr ganzes Leben lang. Doch Evie merkte bisher nicht, dass Caleb mehr in ihr sieht als die beste Freundin. Gefühle dieser Art sind Evie fremd, Angstzustände und Panik dagegen allgegenwärtig, zumindest bis ihr Leo auffällt. Caleb beschließt, dass Evie sich nur in ihn verlieben kann, indem er sich für jemand anderen ausgibt. Wie gut, dass es anonyme Chats gibt.

Mein Bild:

Leute! Gleich zu Beginn, dieses Buch beinhaltet mehr als der äußere Schein her gibt. Ich finde es furchtbar schade, dass der Original-Titel nicht übernommen wurde, da dieser einfach besser gepasst hätte. Allerdings gebe ich zu, dass „Can you help me find you“ tatsächlich eine Rolle innerhalb der Geschichte spielt, die sich nicht leugnen lässt. Trotzdem wirkt das rosafarbene Cover mit schörkeligen Buchstaben und auf das Smartphone starrende Jugendliche zu typisch und sagt zu wenig aus. Ich ahnte also nicht so sehr, was mich auf den 360 Seiten erwartet. Amy Noelle Parks machte es mir dennoch sehr einfach, mich in die Geschichte einzufinden. Es wird abwechselnd aus Calebs und Evies Ich-Perspektve erzählt. Beide sind super auseinander zu halten und haben ihre liebenswerten Eigenheiten.

Mit Evie musste ich zunächst warm werden. Sie sieht die Dinge objektiv und mit Abstand, hat Probleme sich in andere Menschen hineinzudenken, sprich sie zu deuten. Einerseits fand ich das befremdlich, andererseits ein wenig amüsant, weil ich sie schon verstehen kann. Gedanken kann man eben nicht immer lesen. Neben ihrer intelligenten und bedachten Art, die absichtlich zu Sarkasmus neigt, ihren Freunden und der High School, setzt sich Evie seit Jahren mit ihren situativen Angstzuständen auseinander. Die Autorin bewies ein feinfühliges Händchen bei diesem Thema – sie dramatisierte nichts, stellte die Krankheit nicht in den Mittelpunkt, zeigte dennoch, dass sie Evies ständiger Begleiter sein kann. Gerade zu Beginn des Buches war ich mir jedoch nicht sicher, wie gut Evie damit umgehen kann. Ich stellte mir die Frage, ob sie in einer massiven problematischen Situation steckt oder ob sie Dank ihrer wirklich genialen Therapeutin ihr Leben packt. Das wurde erst später klarer gezeichnet. Schade, trotz des Feingefühls.

Sehr faszinierend fand ich, dass Caleb mir Evie näher gebracht hat. Ich glaube, seine lebenslange Übung darin, Evie zu lesen, half mir als Leserin sehr, sie besser zu verstehen. Ich bin auch definitiv Team Caleb. Wir sprechen hier nicht von einem Bad Boy, einem Helden oder Perfect Dreamboy, nein, wir sprechen hier von einem besten Freund, Bruder, Programmier-Junkie, einen kleinen Aufreißer, Sportler, den gutmütigen Kerl von nebenan, den spontanen Spaßvogel aus der letzten Reihe, der GUTE Sprüche in den Raum wirft. Das ist Caleb und noch viel mehr. Ich mag seine Offenheit und wie er mir sein Herz geöffnet hat. Caleb und Evie wirken wie zwei Hälften, die sich total symbiotisch miteinander verbinden. Das klingt schnulzig, ist es trotzdem nicht. Die Autorin zeigt diese tiefe, „nicht fleischliche“ Beziehung so natürlich. Zwei Menschen, die sich in- und auswendig kennen. Wunderschön.

Um ehrlich zu sein, hätte ich die Dreiecksgeschichte mit dem tatsächlich sympathischen Leo nicht gebraucht. Klar, beim Lesen suchte ich mir mein Team, so ist das nun mal, und irgendwie sollte Evie die erste Liebe ja kennenlernen und bekam das auf undramatische Weise. Ich war überrascht. Keine Eifersüchteleien, die groß an den Pranger gestellt wurden, nur kleine Aussetzer, die ich gut nachvollziehen konnte. Eine Dreiecksgeschichte, die angenehm zu lesen ist? Ja, es ist wahr. Vielleicht liegt es daran, dass die Autorin weitere wichtige Punkte anspricht, die ohne die Dreiecksgeschichte ebenso funktioniert hätten.

Zum einen die naturwissenschaftliche Welt. Ich mochte Mathe nie. Physik war in Ordnung und Informatik… Sagen wir, es hörte bei HTML auf. Und jetzt kommts! In dieser Geschichte machte es mir Spaß darüber zu lesen. Theorien, die kreativ diskutiert werden, Skizzen und Zeichnungen, um Gleichungen darzustellen, Winks auf Matrix & Co. und die Message, dass die Protagonistin Mathematik so zeigen will, dass jeder normale Mensch sie versteht. Evie ist dafür definitiv ein Opener gewesen. Eingebettet wurde das Ganze nicht nur in Hausaufgaben, die übrigens nicht als nerviges Beiwerk, eher als Freizeitbeschäftigung und als Selbstverständlichkeit gesehen werden, sondern in einem hoch prämierten Wettbewerb, der mich mitfiebern ließ.

Zum anderen las ich leider auch die Kehrseite der Medaille. Frauen in der Wissenschaft, Frauen in der Mathematik, Frauen, die einfach nicht für voll genommen werden. Wow. Es hätte mich nicht überraschen dürfen. Doch, dass Lehrer, hochintelligente Wissenschaftler im 21. Jahrhundert so abwertend damit umgehen, ließ mich trotzdem stocken. Von Rassismus ganz zu schweigen. Ich denke, die Autorin steuerte damit ihre eigenen Erfahrungen bei. Ein Fingerzeig auf die altertümliche Denkweise einiger aus älteren Generationen. Umso mehr genoss ich die Reaktion der Jugendlichen darauf – Sie zeigen auf sehr smarte Weise, was in ihnen steckt und ich konnte nur denken „Tja, das haste jetzt davon“.

Das ist nicht alles: Mobbing, falsche Entscheidungen (das ist nett ausgedrückt) innerhalb der Familie, seinen eigenen Weg finden, sich auf die Zukunft vorbereiten, Ängste zu überwinden und über sich hinauswachsen – irgendwie das, was man bei Young Adult erwartet. Schön fand ich, dass Nebencharaktere wie Evies beste Freundin Bex eine Geschichte bekamen, der ich folgen dürfte. So wurden die Probleme des Lebens nicht nur auf wenige Köpfe verteilt und Bex musste ich einfach lieben. Ich kenne kaum eine bessere Vermittlerin wie sie.

Ich genoss die meisten Zeilen der Geschichte. Wie kann man es nur schaffen easy zu schreiben und trotzdem so intelligente Anekdoten raus zu hauen? Der Schreibstil war dadurch angenehm. Dialoge, Gedankengänge und situationsnotwendige Beschreibungen sind das Ding der Autorin. Wer geblümte Malereien des ganzen Settings oder der Protagonisten sucht – Fehlanzeige. Das hat mich aber null gestört. Einzig und allein die Übersetzung besitzt ihre Schwächen. Ich sage nur, wir haben wieder das „Girlfriend/Boyfirend“-Problem. Im Deutschen klingt das einfach bescheiden.

Nichtsdestotrotz endet diese Geschichte so wie man es sich wünscht oder zumindest fast. Sie hat keinen Moment losgelassen und ich glaube, dass ich das Buch nicht so schnell vergessen werde.

Fazit:

Vielseitig gezeichnete Charaktere, Geisteswissenschaften modern und ansprechend, Gesellschaftskritik, die zum Umdenken anregt und eine locker, leichte Geschichte um die erste Liebe. „Can you help me find you“ ist empfehlenswert.

4 von 5 Pfoten

Welche YA-Liebesgeschichten haben bei euch einen bleibenden Eindruck hinterlassen?

Liebe Grüße Tina (& Diego)

3 Kommentare

    1. Hallöchen Lisa,

      schade, aber mit Evie habe ich auch ein wenig gebraucht.
      Ansonsten waren wir uns im Buddyread doch schon sehr einig 🙂

      Liebe Grüße
      Tina

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