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Guten Abend liebste Buchmenschen,
der Februar ist vorbei, der März hat schon begonnen und in den kommenden Tagen werde ich sicherlich noch den Monatsrückblick auf den Blog stellen. Doch heute geht es um zwei Bücher, die zeitgleich erschienen sind, beide das Wort „Sterne“ im Titel haben und beide Liebesgeschichten beinhalten, die wiederum nicht die einzige inhaltliche Thematik des Buches darstellt. Verrückt, oder? Deswegen packe ich beide auch in einen Beitrag.
„Wo die Sterne uns sehen“ von Justine Pust
An diesen 1. Band der Skyline-Dilogie bin ich mit gemischten Gefühlen heran gegangen. Zum einen habe ich von Justine Pust noch nie etwas gelesen, aber nur Gutes gehört, beispielsweise, dass die Autorin emotional schreibt und die Lesenden mitnehmen kann. Also waren die Erwartungen diesbezüglich hoch. Ein weiterer Punkt war, dass „Inklusion“ zur Handlung gehört. Mein erster Gedanke dabei: „Bitte lasse es nicht in den Mittelpunkt rücken.“. Denn genau das geht am Ziel vorbei. Der letzte Punkt ist das Verweben der eigenen Diagnose im Roman – Own Voice. Ich hatte einen heiden Respekt.
Die Geschichte wird aus zwei Ich-Perspektiven erzählt. Die Von Willa und Elias, das vermeintliche Couple, die beide in einer sozialen Einrichtung in Frankfurt arbeiten, sich dort kennenlernen und zusammen für ein Projekt arbeiten, dass Elias am Herzen liegt und Willa ein Thema für ihre Masterarbeit einbringt. Es ist kein Geheimnis, dass die beiden sich von Beginn an anziehend finden. Elias macht auch keinen Hehl daraus, aber Willa sträubt sich zunächst. Ich mochte das Zusammenspiel der Beiden, die Gesprächsdynamik, in denen sich sowohl Humor, Wut oder Sehnsucht widerspiegelt. Die hohe Kunst des Schreibenden, dem Lesenden solche Momente zu geben, sind es bereits wert zu diesem Buch zu greifen.
Ebenso funktioniert das Einfangen des Augenblickes, wenn mir Willa oder Elias allein begegneten. Sie sind beide mehr als sympathisch, doch Willas Gefühle, Gedanken, ihre Lebensgeschichte konnte ich nicht an mich heranlassen. Das triggert ungemein, so intensiv fühlte sich das für mich an. Die Protagonistin steht fast immer unter Druck es wirklich und jedem recht machen zu wollen und sich selbst damit gerecht werden zu können. Ich kenne dieses Gefühl, aber bei Willa potenziert sich das zu einem gefährlichen Teufelskreis. Ich kann gar nicht beschreiben, wie schade ich es finde, die Protagonistin mit Abstand betrachten zu können, nur hätte mir das fast selbst weh getan, Willa zu genau unter die Lupe zu nehmen. Schwere Kost, seid gewarnt! Glücklicherweise lebt Willa in einer sehr cozy, nerdigen 3er-WG. Ich liebe ihre Mädels. Charakteristisch wiedererkennbar, authentisch und dann kam der Dackel mit dem sehr bekannten Namen hinzu. Ich lächle jetzt noch beim Schreiben dieser Rezension, weil sich die Konstellation an Menschen und Tier so richtig anfühlt.
Bei Elias Eltern und besten Kumpel kann man das auch behaupten. So typisch, der beste Freund, der eigentlich der Bruder sein könnte, die Eltern, bei denen Elias nach seinem Unfall wieder einziehen musste, sind fürsorglicher als fürsorglich (ok, eigentlich rede ich hauptsächlich von seiner knuffigen Mama). Herrlich, wie schön Menschlichkeit sein kann. Und Elias Perspektive liest sich mit mehr Charisma, Kampfgeist und Lebensfreude. Natürlich trägt er sein Päckchen ebenso, will „genug sein“, mit seinem Studium die richtige Entscheidung treffen und auch das Leben im Rollstuhl als Chance sehen, doch es fühlte sich für mich weniger schwer an. Tja, genau, hier haben wir einen Teil der Inklusion – Elias selbst. Ich ziehe einen riesigen Hut, wie Justine Pust Elias Behinderung nicht direkt lesbar, sondern by the Way kenntlich gemacht hat. Nur selten gibt es Momente, in denen es bewusst anders umgesetzt wird.
Inklusion gehört auch zur sozialen Arbeit der Beiden, die, wie jeder von uns weiß, kein Zuckerschlecken ist. Justine Pust zeigt die Problematiken in der sozialen Arbeit wie im Gesundheitssystem auf: Fehlendes Personal, fehlende Menschen im Ehrenamt, fehlende materielle und finanzielle Mittel, um Menschen zu helfen. Ich werde wach gerüttelt, sehe, dass die Menschen, die anderen mit ihrem Herzblut und ihrer Leidenschaft helfen, versuchen fehlende Unterstützung auszugleichen. Bei so viel Inhalt gerät die Slowburn-Lovestory fast schon in den Hintergrund. Egal, wie viele süße Chatverläufe und romantische Momente dabei sind, den Fokus sehe ich definitiv nicht darauf.
Zusammenfassend gebe ich den vielen Meinungen zur Emotionalität von Justines Geschichten recht. Allerdings nur, wenn man sich darauf (bzw. hier auf Willas Geschichte) einlassen kann. Die Triggerwarnung also bitte lesen. Inklusion als Chance zu sehen und die Kritik an der sozialen Arbeit wirkt wie ein Fingerzeig auf der passenden Wunde – Deutschland muss noch einiges ändern, damit es gerecht und menschlich zugeht. Da sehe ich die Lovestory schon gar nicht mehr als Haupthandlung des Buches.
„Was die Sterne dir schenken“ von Dani Atkins
Die einzige Frage, die ich mir bei meiner Lieblingsautorin stelle: Wie wird der mystische Anteil der Story oder das Wunder diesmal aussehen? Wer meinem Blog schon länger folgt, weiß einfach, Tina ist Dani Atkins-Fan seit Jahren. Keine Angst, ich lasse mich jetzt nicht super euphorisch über Lexis und Amelias Geschichte aus, aber sie hat mir gefallen. Denn wieder einmal treffen sich hier Liebe, Familie, Tragödie und Wunder zwischen den Seiten. Zwischen neu aufgemachten Seiten muss ich dazu sagen. Denn nach mehr als einem Jahrzehnt wurde das einheitliche Design von Dani Atkins Büchern bei Knaur über den Haufen geworfen. Ich finds cool, sogar mit Farbschnitt, nur schaue ich trotzdem noch etwas befremdlich drauf. Egal, beim Lesen fühlt sich der Stil der Autorin wie nach Hause kommen an.
Doch worum gehts im 10. Buch der Autorin? Ich lerne Lexi kennen, die der buchigen Karriere wegen vor einigen Jahren von Somerset in England über den großen Teich nach NYC gezogen ist. Der Schritt scheint sich ausgezahlt zu haben bis ein Anruf alles verändert. Ihre ältere Schwester Amelia wurde mitten in der Nacht im Watt gefunden und entkam gerade so dem Tod. Doch als Lexi das Krankenhaus in Somerset betritt, erfährt sie nicht nur von Amelias Herzproblemen und Gedächtnislücken, sondern auch von Amelias Ehemann Sam, der allerdings nicht existiert. Das wissen alle außer Amelia. Um die Situation noch kurioser zu machen, lernt Lexi kurze Zeit später tatsächlich den Mann kennen, den Amelia ihr bis ins kleinste Detail gezeichnet(!) hat. Doch er heißt nicht Sam, sondern Nick und ihm ist Amelia nicht bekannt.
Ich muss zugeben, die Beschreibung des Klappentextes lässt die Rätselei schon beginnen, bevor man den Prolog überhaupt gelesen hat. Gedächtnislücken? Was weiß Amelia denn nicht mehr? Wie kann sie sich so genau an ihren Mann erinnern, wenn da nichts war? Geht sowas? Oder hat sie vielleicht ne Affäre mit Nick gehabt und das vermischt mit Wünschen ihrerseits? Und welche Rolle spielt Lexi dabei? Und ich sags euch jetzt schon, das die Autorin die Geheimnisse Stück für Stück, wie einzelne Latten eines Zaunes, offenbart. Ich liebe das, wie zusätzliche Infos in die Handlung eingeschoben werden als wäre es das Natürlichste auf der Welt. Dani kann das sehr gut. Und es macht dann auch Sinn, obwohl es einzigartig wirkt.
Der Beginn des Buches überraschte mich. Ehrlich gesagt weiß ich nie, wie Dani ihr Buch anfängt, da sie gern mal Zeitsprünge nutzt und ich als Lesende dann herausfinden darf, um welchen Zeitpunkt es sich handelt. Hier war es recht einfach, trotz des allwissenden Erzählers, der untypisch wirkte. Umso glücklicher bin ich gewesen, dass ich danach nur noch Lexis Ich-Perspektive folgte. Die Anfang 30-Jährige ist eine Träumerin, ein Familienmensch und freiheitsliebend. Das ganze Gegenteil der 8 Jahre älteren Amelia, die schon immer die verantwortungsvolle, große Schwester war. Trotzdem spürt Lexi eine tiefe Verbindung zu ihrer Schwester, wie sie nur Schwestern haben können. Interessanterweise bekam ich schnell das Gefühl, dass das doch eigentlich so ein typisches Zwillingsklischee ist, zu fühlen, wenn es dem anderen schlecht geht. Ich war verwirrt, vor allem, weil zudem von einer zu verwechselnden Ähnlichkeit der Beiden gesprochen wird. What?! Spätestens dann bin ich zum Verschwörungstheoretiker mutiert und suchte die Latten zum Zaun.
Lexis Perspektive ließ mich ihrer Angst und Verzweiflung um ihre Schwester spüren, genauso wie den Schmerz als sich Amelia widererwarten distanziert verhält und Sam ihre erste Bezugsperson darstellt. Den inneren Kampf, den Lexi um die Frage ausfechtet, wie sie ihrer Schwester am besten helfen kann, beobachtete ich Seite um Seite ohne, dass es langweilig zu werden schien. Gerade die Szenen im Krankenzimmer, im Beisein der Mutter, die Blicke, die getauscht werden, die kleinen Gesten, die jeden Dialog untermauern. Filmreif, leicht dramatisch an mancher Stelle und ungelogen einnehmend. Ich behaupte auch, dass jedes Setting sein eigenes Gefühl in dieser Geschichte trägt. Beispielsweise Amelias zuhause, das kleine Cottage am Meer und ihren Nachbarn, den grummeligen, alten Fischer Tom, unter dessen rauer Schale viel mehr steckt. Das ist kein Ort, an dem man sich lange streitet, sondern zur Ruhe kommt oder seine Lieblingsmenschen trifft. Einfach Heimat, ein Wort, dass in Lexi immer mehr Raum findet. Ohne diesen oder jene andere Orte, die ich besuchen dürfte, wären die Gefühle und Menschen nicht komplett.
Jedes Detail hat seinen Platz. So wie auch Nick. Hach, ja, Nick. Stellt euch nen Landtierarzt vor, Single, sieht aus wie Clark Kent, kann gefühlt Gedanken lesen, reagiert demnach genau richtig, um dich glücklich zu machen und öffnet sich wie ein Buch. Klingt perfekt? Ist perfekt. Ist Nick. Ich bin innerlich zerrissen, dass da nicht eine Ecke oder Kante an diesem Mann sein soll. Aber ich bin ihm halt auch verfallen. Er ist so ein toller Kerl. Und im Verlauf wünschte ich mir für Lexi genau ihn. Ja, ich wollte ein Happy End für die Zwei. Ich denke, dass ist auch die Ambition dahinter, dass ich mir als Lesende genau das wünsche. Hat geklappt. Die beiden zusammen zu sehen bzw. zu lesen ist wunderschön, natürlich romantisch und brachte so ein Wohlgefühl mit. Die Emotionen kickten mich wirklich in die richtige Richtung, zwischen den tragischen Momenten mit Amelia und ihrer Erkrankung.
Die Fäden der Handlung und ihre Verwicklungen hängen von jeder einzelnen Person ab. An mancher Stelle hätte ich es daher besser gefunden, beispielsweise Amelias oder Nicks Perspektive zu sehen, um den Blickwinkel zu erweitern. Und das, obwohl Dani Atkins mit Lexi eine gute Beobachterin und gefühlvolle Person in den Mittelpunkt rückte. Zudem tippe ich darauf, dass die Autorin Krankheitsbilder sehr genau recherchiert hat, sonst wäre ich vermutlich nicht schon vorab auf den Twist gekommen, der sämtliche Stricke nach dreiviertel des Buches noch einmal reißen ließ. Was für eine Achterbahn! Das bittere oder eher bittersüße Ende legte sich wie ein Pflaster auf die Wunde.
Damit habe ich die beiden „Sterne“ ausgiebig besprochen.
Liebe Grüße Tina (& Leo)
*Die beiden Bücher wurden mir vom Verlag kostenfrei als Rezensionsexemplare zur Verfügung gestellt. Meine Meinung bleibt davon unberührt.
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