Guten Morgen liebste Buchmenschen,
ich weiß ja nicht, wie es bei euch aussieht, aber hier herrscht indoor absolute Weihnachtsgemütlichkeit, outdoor dagegen Regen und Wind. Ich tippe drauf, dass der Schneewunsch zu Weihnachten nicht in Erfüllung geht. Das ist natürlich längst kein Grund Trübsal zu blasen. Da bin ich lieber etwas produktiv und spreche heute mit euch über ein Buch, dass ich vor einiger Zeit in einem Buddyread mit Diana von „Lesewelle“ und Ascari von „Leseratz“ gelesen habe.
Skurril, unterhaltsam, düster, märchenhaft und auch gesellschaftskritisch
Ich hatte zu „Wie man einen Prinzen tötet“ ein paar Rezensionen gelesen bzw. auf YouTube gesehen und viel Gutes gehört, obwohl der Klappentext recht simpel klingt: Eine drittgeborene Prinzessin sieht sich zukünftig den Platz ihrer Schwestern als Ehefrau eines tyrannischen Prinzen einnehmen, um ihn den langersehnten männlichen Erben zu schenken. Denn es scheint absehbar, dass die Zweitgeborene und aktuelle Ehefrau das gleiche tödliche Schicksal ereilt wie ihre Vorgängerin. Um dem zu entgehen und die Leiden ihrer Schwestern zu rächen, möchte die Drittgeborene den Prinzen töten. Allerdings ist das nur mit der Unterstützung von Verbündeten möglich.
Ich priorisierte es ehrlich gesagt nicht „Nettle and Bone“, wie der Titel im Englischen lautet, zu lesen. Bin inzwischen aber froh, dass ein Buddyread mich dazu verleitete. Da ich von der Autorin noch nichts kannte und der Klappentext, wie gesagt, simpel klang, trug ich keine hohen Erwartungen mit mir herum. Und wie wir alle wissen, ist das die Beste Leseeinstellung, denn dann wird man selten enttäuscht bzw. oft positiv überrascht.
Schon allein der Einstieg in die Geschichte ließ mich zum einen erschaudern, zum anderen fasziniert jede Zeile wahrnehmen. Das sitzt die Protagonistin mitten in einem Knochenhaufen, um sich einen Hund zu basteln. Ich dachte einfach nur „Ok, vermutlich hat sie ein paar Schrauben locker und verflucht, wie kommt sie dazu das zu tun?!?“. Und ich saß eine Weile da und fragte mich, warum sie sich dieser Aufgabe stellte und wie ich diese grausame Umgebung verstehen soll, in der sie das tut. Ich verweilte nicht lange dort, glücklicherweise, denn dieser Ort warf mehr Fragen als Antworten auf.
Der Sprung im darauffolgenden Kapitel war abrupt, von der Gegenwart in die Vergangenheit, um zu verstehen, welches Schicksal Marra erwartete. Für mich eine typische Prinzessinnenlage. Aus politisch-strategischen Gründen werden die jungen Frauen verheiratet, damit das Reich weiterhin in Frieden weiter existieren kann. Ich mag dieses Bild nicht, doch wie wir wissen, nun mal existent. Da wird auch nicht darauf geachtet, wie tyrannisch der zukünftige Ehemann Prinz Vorling veranlagt ist und selbst als die Erste der drei Schwestern verunfallt, wird die Zweite als Ersatz geliefert. Furchtbar, aber innerhalb der Geschichte trotz Kopfschütteln erklärt. Es geht um den Grundsatz „Ein Leben für das vieler“.
Eine weitere bekannte Thematik nimmt die Autorin aus verschiedenen Perspektiven auseinander: Das Gebären von Nachkommen, die Pflicht der Ehefrau, der reine Nutzen als Gebärmaschine, die Stärke einer Mutter. Die Erzählweise, die für mich aus einer Mischung einer allwissender und Marras personaler Perspektive bestand , nahm mich mit, die Sicht der Verpflichtung der Schwangeren einzusehen, als auch die Sicht der helfenden Hände, sei es die Hebamme oder die Familie. Die Freiheit selbst entscheiden zu können, ist für mich eine Selbstverständlichkeit, die das mir aufgezeigte düstere Bild nur noch mehr verdunkelte und ich wünschte mir so sehr, dass Marra diesen Prinzen wirklich los werden würde.
Die Dringlichkeit der Angelegenheit wurde mir also klar gemacht und danach ging es richtig los. Mir bestand eine Heldenreise bevor, die Marra nicht als Heldin bestritt, sondern als Teil einer Gruppe. Mir gefiel, dass Marra nicht wahnsinnig über sich hinaus wuchs, sondern sie selbst blieb. Ruhig, introvertiert, nerdig und doch jemand, der sich für die einsetzte, die er liebte. Sie war ehrlich zu sich selbst, bekam Angst und Zweifel. Auch wenn es sich um märchenhafte Fantasy handelte, die Authentizität wurde nicht vergessen. Die Autorin spielte über die Nebencharaktere, die über die Zeit immer mehr zu liebgewonnen Protagonisten wurden, mit den Klassikern an Märchenfiguren: Der Ritter, der seine Ehre wiederherstellen möchte, die Hexe, deren Aufgaben man erfüllen muss, die gute Fee, die ihren Segen ausspricht. Klingt öde und bekannt? Hier nicht, wenn der Ritter zum feministischen, einfühlsamen Kamerad wird, die Hexe zu einer schrulligen, weisen Oma, die Fee zur kleinen, sich immer wieder selbst infrage stellenden Tante. Glaubt mir, die Konstellation macht Spaß und kommt trotzdem ein wenig mit der Moral von der Geschicht.
So wie die Reisegruppe für Überraschungen gut ist, so sind es auch die Situationen, in die sie sich reinkatapultieren. So manche Überlieferung, so manchen Fluch oder zauberhaften Ort neu inszeniert zu sehen, ließ mich überrascht aufblicken. Und um ehrlich zu sein, ich konnte nicht sagen, ob die Geschichte nun gut oder schlecht ausgehen würde. Natürlich stirbt die Hoffnung zuletzt! T. Kingfisher bewies Fantasie und ein gutes Gefühl für die Dunkelheit und Helligkeit, die Märchen so mit sich bringen. Obwohl es hier eher um die erwachsenere Version geht. Eine klare Leseempfehlung mit ausreichendem erzählerischen Potenzial auf 350 Seiten.
Liebe Grüße Tina (& Leo)
Punkt!
Eine wahnsinnig tolle und ausführliche Rezension hast du da geschrieben! <3
Liebe Grüße
Diana
Danke, lieb von dir 🙂
Ich hab das Buch auf der Leseliste (und warte darauf, dass entweder das eBook günstiger wird oder die Bibliothek es anschafft). Auf jeden Fall hat deine Rezension mich nun dazu verleitet, das Buch noch mehr lesen zu wollen. 😀
Liebe Grüße
Mona
Hallöchen Mona,
ich hoffe, du kommst bald an das Buch. Ansonsten bringe ich es dir im März mit, damit du es lesen kannst.
Liebe Grüße
Tina
Das ist lieb. Ich habe es als Anschaffungsvorschlag eingereicht. Mal sehen, ob sie das machen und wann es dann gekauft wird.
Hallo liebe Tina,
dieses Buch verfolgt mich :o) Immer wieder überlege ich, ob ich es lesen möchte und immer wieder schiebe ich es erstmal zurück auf die Wunschliste. Bereits der Klappentext hat mich hier sehr angesprochen. Aber auch deine Rezension weckt schon wieder die Neugierde in mir. Es scheint sich um eine besondere Geschichte zu handeln, eine, die erfrischend aus dem Mainstream hervorsticht.
Ich danke dir für diesen Einblick. Ich glaube, früher oder später werden das Buch und ich zusammenfinden :o)
Ganz liebe Grüße
Tanja :o)
Hallöchen liebe Tanja,
interessant, als es um den Buddyread ging, haben wir 3 auch gesagt, dass das auf der Wunschliste steht, aber bisher nix draus geworden ist.
Auf jeden Fall hat es sich gelohnt. Und schön, dass du das Buch im Blick behältst.
Liebe Grüße
Tina