Hallo liebste bookish People,
Cozy Fantasy – ein Trend, bei dem Fabelwesen ein Café führen oder Kriminalfälle lösen, gefärbt mit Familien- oder Cliquenatmosphäre. Ist schon niedlich im Gegensatz zu dramatischer Romantasy oder epischer, kampfgetriebener High Fantasy. Aber empfehlenswert für gemütliche Leseabende oder Bettlektüre, die einen beruhigt schlafen lassen. Zumindest geht es mir so mit diesem Sub-Genre (ist es denn eigentlich eins?), nachdem ich „Miss Moons höchst geheimer Club für ungewöhnliche Hexen“ gelesen habe.
Ich gebe offen zu, ich habs bisher selten mit Hexen in Büchern, obwohl ich der Magie viel abgewinnen kann. Doch diese Geschichte sprach mich an. Vor allem, weil es mal keine junge Hexe war, sondern eine erwachsene Frau von 30 Jahren, die das Jobangebot animmt, drei Kinder zu unterrichten. Krux bei der Sache: Es sind drei Hexen und sie weiß, dass nichts Gutes passiert, wenn mehrere Hexen zu viel Zeit miteinander verbringen. Dann sei noch ein abgeschottetes Anwesen namens Nowhere House an der englischen Ostküste, sowie Freundschaft, Liebe und Familie erwähnt. Das Cover verbindet für mich alte Reklameschrift und eine Illustration ähnlich wie bei den T.J. Klune – Büchern zu einem kleinen Schmuckstück.
Als lesende Person bin ich einiges gewöhnt, wie zum Beispiel in eine Situation hineingeworfen zu werden, in die ich mich zunächst zurecht finden muss. Der erste Satz teaserte mich bereits, was gerade passiert, machte mich neugierig, doch dann strömten viele Namen auf mich ein, die ich für mich förmlich filtern musste. Glücklicherweise löste sich das Kuddelmuddel und die Gesamtsituation schnell auf. Das blieb auch nicht das einzige Mal, in der das Zusammentreffen mehrerer Charaktere für Überraschungen oder Rätsel raten sorgte. Der Erzählstil ist allerdings so charmant, dass jede zu lesende Seite wirklich Spaß macht. Ein bisschen wie der Erzähler bei den Filmen „Willy Wonka“ oder „Lemony Snicket“ – auf die Situation schauend, allwissend, doch immer persönlich und empathisch, so wie die Charaktere. Hier gibt es keinen übereifernden Zorn oder schwarze, dunkle Löcher, aus denen niemand mehr heraus kommt. Der Funke Leben und Hoffnung bleibt, egal wie tief es geht. Das fand ich sehr angenehm.
Mit der Protagonistin Mika könnte ich mir eine Freundschaft vorstellen, allerdings nicht mit meinem Morgenmuffel-Ich, denn sie ist ein 24 Stunden strahlender Sonnenschein. Klug, hexerisch begabt, kreativ, liebenswert, mutig und aufopfernd. Selbst, wenn sie sich aufgrund der Geheimhaltung ihres Hexendaseins oft einsam fühlt und Dank ihrer Kindheit Probleme hat, Vertrauen gegenüber anderen zu zulassen. Weitere Pluspunkte heimste sie als Booknerd und Hundehalterin bei mir ein. Es war schon witzig, ihren Alltag zu beobachten. Ich meine, was tut eine Hexe so in der Gegenwart, im ländlichen Raum Großbritanniens? Hext sie so vor sich hin? Hat sie für Hobbies? Arbeitet sie? Ich glaube, das fragte sich die Autorin genauso, denn sie bettete Mikas Leidenschaft für Hexerei in die alltäglichsten Dinge ein. Auto fahren, Tee zubereiten, gewisse Feiertage für Bräuche nutzen und trotzdem normal Kisten für nen Umzug packen oder Staub wischen.
Alltäglich und wertschätzend, so fühlte sich für mich vieles an. Vor allem im Nowhere House. Eigentlich müsste ich euch erzählen, wie Mika dazu kam, dort zu leben, aber das ist so humorvoll und irgendwie abenteuerlich – das solltet ihr selbst lesen. Wo war ich? Ach ja, alltäglich und wertschätzend. Dazu gehört der Umgang mit verschiedenen Kulturen, Herkünften, gleichgeschlechtlicher Liebe und Kommunikation. Mich faszinierte es total, wie offen über Gefühle und Probleme gesprochen wurde, um diese zu lösen. Kein Verschweigen, kein Drama (schlimm, dass meine Erwartungen inzwischen immer in die Richtung gehen). Es sei denn die drei jungen Hexen Rosetta, Terracotta und Altamira (ja, die Namen, aber ihr kennt noch nicht die Namen von Mikas Koi-Karpfen) zaubern unkontrolliert oder rebellieren mit kindlichen Trotz. Wow, diese Kinder, Dank ihnen und den weiteren Bewohnern fühlte ich mich so gut aufgehoben wie Mika. Die familiäre Atmosphäre, das ist sooo schön. Ich gebe zu, es gab so eins, zwei Szenen, da wäre mir vor Rührung fast das Tränchen gekommen.
Im Verlauf kam nie Langeweile auf. Jede Szene bekam meine vollste Aufmerksamkeit. Kein Wunder, denn die Individualität, die Ecken und Kanten der Charaktere oder deren noch nicht erzählte Geschichte schwang immer mit. Lucie, die Haushälterin, die im Hintergrund agierte und etwas von einer liebevollen, aber auch mahnenden Oma hatte, Ian, der herzlichste und neugierigste Schauspieler im rüstigsten Alter, sein Mann Ken, die Ausgeglichenheit pur und vom Gefühl her durchschaut er dich in Sekunden und da wäre noch unser grumpy Bibliothekar mittleren Alters Jamie. Ja, die Mischung machts. Mit einer Brise Dachbodenromatik, Frühstückstee, zig tausend verschiedenen Schuhen im Flur und Meeresrauschen.
Alles wäre so schön, gäbe es da nicht einen zeitkritischen Grund, warum Mika die Kinder unterrichten soll. Dazu noch zärtliche Gefühle, die nicht nur in ihr wachgerufen werden. Weiter gehts mit den Zweifeln, dass das, was Mika sich immer gewünscht hat (nicht mehr allein zu sein) von kurzer Dauer sein könnte und dass sie mit ihrem Leben im Nowhere House die wichtigste Regel der Hexen bricht. Über einen Twist, der mich in der schönsten Idylle wieder auf den Boden der Tatsachen brachte, brauche ich gar nicht erst zu sprechen, oder?
Auf jeden Fall eine zauberhafte Leseempfehlung für die kommende Herbstsaison und das noch als Einzelband, kein Fantasy-Reihenstart! Allerdings könnte die Autorin eine Thematik definitiv nutzen, um in dieser Buchwelt weitere Geschichten zu spinnen. Vielleicht setzt sie das sogar in ihrem kommenden Werk „A witch´s guide tomagical innkeeping“ um, wer weiß.
Liebe Grüße Tina (& Leo)
Ein Kommentar