„Die namenlose Königin“ von Rebecca Mc Laughlin – Eine abenteuerliche Idee mit Oliver Twist-Charme, aber da geht definitiv mehr

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Hallöchen liebste Buchmenschen,

ich weiß nicht, was diese Woche los ist, aber die Tage fühlen sich endlos an. Dabei ist heute Freitag, auch wenn ich morgen noch arbeiten muss. Wahrscheinlich liegt es daran, dass eine kleine Auszeit immer näher rückt. Ab Sonntag gönne ich mir ein paar freie Tage und damit auch eine Blog- und Social Media – Pause bis Ende kommender Woche. Nach den letzten Wochen im Home Office (die nicht erholsam waren), den ganzen Pandemie-Kram und vollen To Do – Listen ist die Zeit ran mal wieder ein bisschen Abstand zu gewinnen. Eine Rezension habe ich aber noch für euch:

Fantasy in Ich-Perspektive und trotzdem geben die Nebencharaktere mehr her als die Protagonistin

Allgemein:

Die amerikanische Autorin Rebecca Mc Laughlin ist eine leidenschaftliche Schreiberin und beweist das in der Öffentlichkeit vor allem auf ihrem Blog oder auf YoutTube. Ihre Vorliebe für Fantasy-Romane zeigt sich in Ihrem Debüt „Die namenlose Königin“, das Bastei Lübbe 2020 in Deutschland veröffentlichte. Innerhalb der Geschichte lernt der Leser / die Leserin die junge Namenlose Münze kennen. Sie gehört zur erbärmlichen Bevölkerungsschicht Seridens und versucht ihren Lebensunterhalt als Diebin zu „verdienen“. Doch von einem Moment auf den anderen erscheint das königliche Kronen-Tattoo auf ihrem Arm. Mehrere Dinge verändern sich damit: Der bisherige Herrscher ist nicht mehr am Leben und Münze wird zu seiner Thronerbin inklusive besonderer Gaben. Jeder fragt sich nun, wieso König Fallow eine Namenlose gewählt hat.

Mein Bild:

Zunächst einmal empfinde ich eine große Coverliebe gegenüber diesem knapp 350 Seiten dicken Taschenbuch. Es strahlt Kampfgeist und etwas Mystisches, ja, Verschleiertes aus. An sich sehr passend, allerdings wäre mir eine Krone lieber als ein Schwert gewesen. Das nur am Rande.

Ich war wahnsinnig überrascht, dass die Story in der Ich-Perspektive geschrieben ist. Das ist bei Fantasy so selten und ich finde, dass mir dadurch Informationen enthalten werden, weil es teilweise etwas von Scheuklappensicht auf eine mir gänzlich unbekannte Welt ist. Natürlich könnte ich es auch als Challenge ansehen, aber lesen soll hauptsächlich Spaß machen. Ich wurde also zu Beginn gleich in Coins bzw. Münzes Alltag geworfen. Und ja, es war verwirrend. Namen wie Coin (später war es dann nur noch Münze, warum weiß ich nicht), Hut, Kreisel oder Teufel wurden umher geworfen und nach wenigen Seiten sogar schon der Beginn einer Nebenhandlung angeteasert. Ich kam schwer in die Geschichte und der Schreibstil hob mich wenig aus den Latschen – verständlich, einfach, aber wenig fantasievoll. Schritt für Schritt wurde es jedoch besser, es kam mir vor, als hätte die Autorin sich auch erst einmal einarbeiten müssen. Später empfand ich die Art und Weise, gelegentlich sogar mit Lebensweisheiten geschmückt, als angenehm.

Also gut Ding will Weile haben, nicht wahr? Umso mehr ich gelesen habe, umso mehr habe ich verstanden, wie die Gesellschaft im Königreich Seriden funktionierte, also zu einem Großteil, denn die Rolle der Namenlosen hatte für mich logische Lücken. Zum einen werden sie als Menschen ohne Rechte definiert, deren Taten oft unter den Tisch fallen gelassen werden bzw. werden sie ignoriert und trotzdem richtet man über sie. Gut, es ist jetzt nichts Neues, dass eine arme Bevölkerungsschicht unterdrückt wird, aber warum hat man die Namenlosen nicht einfach verbannt oder ähnliches? Dafür gefielen mir die klaren Linien zur Unterscheidung der jeweiligen Gruppen und wie viel Bedeutung Namen haben können. Denn das ist gar nicht abwägig, dass ein Name Macht verleihen kann! Das war einer von vielen kleinen Aspekten, die den Reiz an der Geschichte ausgemacht haben.

Des Weiteren gefiel mir das Gimmick von Oliver Twist sehr gut, denn Münze wurde von einem Betrüger großgezogen, der eine kleine Kinderbande unter seine Fittiche hat. Dem Wiedererkennungswert eines Klassikers konnte ich mich nicht verwehren. Ebenso entwickelten sich die Nebencharaktere von anfangs klischeebehafteten Typen, wie einer Prinzessin oder der eigene Wachschutz, zu mehrschichtigen Persönlichkeiten, denen ich gern begegnet bin. Die Autorin hielt dahingehend einige Überraschungen bereit und Plotttwists sind definitiv ihre Stärke – wie die kleinste Situation auf einmal ganz anders erscheint. Das war richtig, richtig gut umgesetzt und wäre mir nie so eingefallen. Allerdings gibt es einen Haken dabei. Die Autorin nahm sich ein paar Freiheiten, um die Twists so umsetzen zu können. Ich meine, jemanden Befehlsgewalt zu erteilen, der eigentlich keine besitzt oder Fähigkeiten, die rudimentär vorhanden waren, in Windeseile zu beschwören… Das gibt einen faden Beigeschmack. Zumindest erschien es mir im Nachgang teilweise so.

Umso entscheidungssicherer die Charaktere wurden, insbesondere die Protagonistin, umso selbstsicherer verlief die Handlung. Jegliche Umschiffung einer Tatsache erreichte endlich ihr Ziel. Das half mir mit Münze warm zu werden. Einerseits mochte ich ihre schnippische, herausfordernde, ja, fast schon straßenköterische Art. Andererseits gab es diese Wankelmütigkeit in ihrer Meinung. Ist sie nun dem Schicksal gewachsen oder nicht? Weglaufen, angreifen, wieder weglaufen… Ganz ehrlich: Wenn ich schon herauslese, wo sie letztendlich hin möchte, brauche ich es nicht noch unnötigerweise hinauszögern. Dafür vertraute sie meines Erachtens auch viel zu schnell Menschen, die sie nicht kannte und das für jemanden, der es bisher vorzog allein zu überleben. Lasst euch das mal auf der Zunge zergehen. Aber wie gesagt, um so mehr die Geschichte voranschritt, umso besser wurde das Doing mit ihr.

Aspekte wie Freundschaft, Loyalität, Familie, Herkunft und Macht werden auf vielseitige Weise in den Plott verwoben und hinterfragt. Die Message, offen gegenüber jedem Menschen zu sein, zeigt sich und das nicht überzogen. Ich glaube, dass die Autorin ihren Schwerpunkt vor allem auf die Handlung und Entwicklung der Charaktere legte, dabei das Setting jedoch aus den Augen verlor. Ich habe immer noch Schwierigkeiten mir die Stadt auszumalen, obwohl hier und da situationsbedingte Orte mit Liebe beschrieben werden, fehlt es am großen Ganzen. Ist es nur altertümlich angehaucht? Oder doch schon etwas moderner? Total witzig fand ich übrigens, dass sich alle geduzt haben. Entweder liegt es an der Übersetzung oder es ist selbst bei der royalen Schicht innerhalb der Geschichte so gewollt. Ungewöhnlich? Ungewöhnlich.

Fazit:

Eine Autorin mit Potenzial, das bestimmt noch nicht ausgeschöpft ist. Ein Fantasyroman, der Gesellschaftskritik, Abenteuer ähnlich Oliver Twist und einem sich steigernden Plott beinhaltet. Dafür sollte man Logiklücken und einen recht einfachen Schreibstil hinnehmen.

3 von 5 Pfoten

Fantasy in Ich – Perspektive, was sagt ihr dazu?

Liebe Grüße Tina (& Diego)

*Das Buch wurde mir kostenfrei als Rezensionsexemplar vom Verlag zur Verfügung gestellt, meine Meinung bleibt davon unberührt.

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