Hallöchen meine Lieben,
heute ist bereits Dienstag, die erste Woche, in der keine Montagsfrage erscheint bis Antonias Pause Anfang September endet. Wie ich bereits prophezeit habe, weiß ich nicht, ob ich diese Lücke ausfülle oder nicht, da ich in der Vorbereitung von Blogbeiträgen sehr, sehr spontan bin und im voraus so gut wie nie was in petto habe. Deswegen kam auch letzte Woche nix mehr. Ich hatte einfach keine Zeit und wenn ich mir ne Auszeit genommen habe, steckte ich die Nase in ein Buch. Der 1. Band der „Alice-Chroniken“ ist ausgelesen und heilige Buchgötter, ich freue mich richtig auf Band 2. Die Rezi werde ich wohl in den nächsten 1 bis 2 Wochen anpacken, habt also ein bisschen Geduld mit mir. Natürlich habe ich jetzt knallhart das Genre gewechselt und lese einen Sommer-Liebes-Schmöker, das muss schließlich auch mal sein. Zwischendrin griff ich aber trotzdem ganz kurz auf meinen SUB zurück und dabei fiel mir eine besondere Graphic Novel in die Hände, die ich euch vorstellen möchte (was für eine Überleitung!).
Der Ausspruch „so schön traurig“ passt zu dieser Geschichte und das Gefühl ebbt nach dem Lesen erst ganz langsam ab
Allgemein:
Eigentlich war „Der Sommer ihres Lebens“ ein Webcomic für den Literaturblog des S. Fischer-Verlags, den der Autor Thomas Steinaecker und die international bekannte Illustratorin Barbara Yelin gemeinsam erarbeiteten. Doch Reprodukt machte aus der mehrteiligen Comicstrip-Reihe ein Buch, dass 2017 erschien. Innerhalb der Geschichte blickt die ältere Dame Gerda zurück und stellt sich die Frage, ob sie ein glückliches Leben geführt, ob sie die richtigen Entscheidungen getroffen hat und damit beruhigt die letzten Tage im Winter ihres Lebens angehen kann.
Mein Bild:
Mal wieder stelle ich mir die Frage, warum dieses Hardcover bei mir so lange auf dem SUB lag. Zwischendurch habe ich es sogar verliehen. An sich war ich sehr neugierig auf diese Graphic Novel, die durch eine Rezension auf meine Wunschliste und letztes Jahr dann in meinem Bücherregal landete. Aber ich hatte auch Respekt. Das ist keine spaßige Geschichte, die sich in 10 Minuten durchsuchten lässt. Ok, ich war trotzdem nach einer knappen Stunde durch, trotzdem verließ Gerda mich danach nicht einfach wieder.
Der Titel als Wortspiel ist eine bedeutungsintensive Idee, wenn ich bedenke, dass man bei den älteren Herrschaften ab und an davon spricht, dass sie im Winter ihres Lebens stehen. Gerda lebt in dieser Situation und mir tat sie furchtbar leid, denn sie bestreitet, meines Erachtens, einen einsamen Alltag im Seniorenheim und nimmt die Auswirkungen des Alters mit einer ruhigen, vielleicht sogar, nicht mehr ganz so bewussten Art und Weise wahr. Der Zeichenstil unterstützt die Sichtweise wahnsinnig. Gesichter sind sehr detailliert skizziert, wie bei einer Bleistiftzeichnung, die jede Falte aufgenommen hat. Dafür verschwimmen Hintergründe oder unwichtige Dinge bzw. Personen oder werden grob dargestellt, weil man als LeserIn eh weiß, was es darstellen soll. Das gefiel mir sehr gut, weil es im Großen und Ganzen eine weiche Optik ergibt, die die dunklen Farben, die die Seiten beherrschen mehr melancholisch und nachdenklich wirken lassen als düster und traurig. Verschiedene Grün-, Blau- und Sepiatöne zeigten mir, dass Gerda vor allem eines gern mochte: Den Sternenhimmel. Die Sepiatöne dienten jedoch vor allem dazu in die Vergangenheit zu reisen und Gerdas Erinnerungen hervorzuheben – nützlich, wenn ich bedenke, dass ich mit dem Text so meine Probleme hatte.
Kennt ihr Filme, bei denen der Charakter sich immer wieder an Situationen in der Vergangenheit erinnert und die Erzählstimme der Gegenwart noch weiter spricht während wir uns in der Erinnerung einfinden? So ähnlich ist der Stil der einzelnen Episoden der Graphic Novel. Gerda erzählt etwas zu der Erinnerung und dann habe ich noch die vergangene Situation in einzelnen Bildern, die mit Spechblasen gefüllt sind (kennt man ja). Leider sind Gerdas „einleitende“ Gedanken in die Erinnerung auf einzelne Bilder gesplittet, obwohl es beispielsweise nur ein Satz ist und ich wusste oft auf Anhieb nicht, wie ich das lesen sollte. Teilweise gab es auch enorm viele Sprechblasen auf einzelnen Bildern. Die Reihenfolge zu finden, fiel mir schwer, so dass ich manche Seite dann doch noch mal gelesen habe, aber in anderer Reihenfolge, damit es mehr Sinn ergibt. Hier hätte ich mir gewünscht, die Bilder mehr für sich sprechen zu lassen statt mit Text zu überfüllen.
Ansonsten mochte ich die chronologische Reihenfolge, die mir Autor und Illustratorin vorgaben. Ich lernte die Protagonistin in ihren Charakterzügen und Talenten kennen, auch die gesellschaftlichen Probleme, mit denen sie als Mädchen und Frau zu kämpfen hatte. Ich fühlte mit, wie sie versuchte ihre Träume zu verwirklichen, sich verrannte, verliebte, Entscheidungen traf, die ihr Leben veränderten und vieles mehr. Und das auf nicht mal 80 Seiten. Ich finde, das ist hohe Kunst. Das Ende ließ ein bittersüßes Gefühl zurück und war doch genau richtig.
Fazit:
Eine Graphic Novel, für die man sich Zeit nehmen sollte, um alles zu erfassen, die seine LeserInnen darauf besinnen lässt, dass wir am Ende unserer Tage nichts bereuen, sondern schätzen lernen sollten, was uns das Leben geboten hat. Melancholisch, gefühlvoll und dem Wink ältere Menschen nicht allein zu lassen.
4 von 5 Pfoten
Realistische Graphic Novels, aus dem Leben gegriffen, mögt ihr so etwas?
Liebe Grüße Tina (& Diego)